Leitsatz (amtlich)

Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit.

 

Normenkette

GesO § 10; InsO § 17

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-27 O 59/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.02.2008; Aktenzeichen IX ZR 38/04)

 

Gründe

I. Der Kläger macht ggü. der Beklagten als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Fa. X GmbH Ansprüche im Wege der Anfechtung nach der Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) geltend.

Die Beklagte gewährte der Gemeinschuldnerin zwei Darlehen nämlich am 6.3. und 8.4.1998 - i.H.v. insgesamt 550.000 DM; zur Sicherheit wurde ihr der gesamte Maschinenpark der Gemeinschuldnerin übereignet; auf den Inhalt der Darlehensverträge vom 6.3. und 8.4.1998 (Bl. 336 ff. d.A.) sowie der Sicherungsübereignungsverträge vom 6.3 und 8.4.1998 (Bl. 165 ff. d.A.) wird Bezug genommen.

Durch notariellen Vertrag vom 15.10.1997 hatten die Gesellschafter der Fa. Y GmbH ihre Geschäftsanteile an die A GmbH (A) verkauft und zugleich beschlossen, die Firma der Gesellschaft in X GmbH zu ändern. Durch notariellen Vertrag vom 21.10.1997 übertrug die A GmbH als alleinige Gesellschafterin der Y GmbH ihren Geschäftsbetrieb - mit Ausnahme des Betriebsgrundstücks - auf diese.

Durch notariellen Vertrag vom 23.10.1997 verkaufte die A GmbH sämtliche Geschäftsanteile an der Y GmbH - unter entsprechender Aufteilung - an Herrn B, die Fa. C GmbH sowie an die Fa. D. Durch Beschluss des AG Chemnitz vom 1.12.1998 wurde über das Vermögen der Fa. X GmbH das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt.

Der Kläger veranlasste die Versteigerung des Maschinenparks der Gemeinschuldnerin. Mit der vorliegenden Klage begehrt er die Feststellung, dass der Beklagten keine durchsetzbaren Rechte aus den Sicherungsübereignungsverträgen zustehen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihr Ersatzabsonderungsrecht am Verwertungserlös der ihr am 6.3 und 8.4.1998 übereigneten Maschinen freizugeben.

Der Kläger hat zunächst die E mbH in Anspruch genommen und - nachdem diese ihre Passivlegitimation bestritten hat - mit Schriftsatz vom 26.6.2000 erklärt, dass es sich um eine irrtümliche Falschbezeichnung handele und Berichtigung des Passivrubrums beantragt; der Schriftsatz vom 26.6.2000 ist der jetzigen Beklagten am 30.8.2000 zugestellt worden. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Sicherungsübereignungsverträge seien gem. § 10 I Nr. 1 bzw. Nr. 4 GesO anfechtbar.

Um die Schlussverteilung vornehmen zu können, sei die Feststellung erforderlich dass der Beklagten keine Rechte aus den Sicherungsübereignungsverträgen zustünden.

Die Gemeinschuldnerin sei bereits Anfang 1998 zahlungsunfähig gewesen (Beweis: Zeugen Z1 und Z2); ausweislich der Bilanz 1997/98 habe der Jahresfehlbetrag am 31.10.1997 noch 895.149,47 DM, am 30.6.1998 bereits 2.396.033,99 DM betragen (Beweis: Bilanz 1997/98 Bl. 124, 176 d.A.). Die Zeugen Z1 und Z2 - die ehemaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin - hätten sich Mitte Februar 1998 gezwungen gesehen, Antrag auf Gesamtvollstreckung zu stellen; da die Löhne und Gehälter sowie sonstige Verbindlichkeiten gegenüber Warenlieferanten nicht mehr hätten gezahlt werden können. Allein die Materialkosten und der Personalaufwand hätten den Umsatz überschritten (Beweis: Gewinn und Verlustrechnung 1997/98 Bl. 122 ff. d.A.). Die beiden ehemaligen Geschäftsführer hätten sich auch bereits vor den Räumlichkeiten des Gesamtvollstreckungsgerichts in Chemnitz befunden und von der Stellung eines Insolvenzantrages nur deshalb abgesehen, weil dem ehemaligen Geschäftsführer Z2 - per Handy eine Zahlung von weiteren 550.000 DM seitens der Beklagten zugesichert worden sei. Nachdem der Insolvenzantrag auf diese Weise verhindert worden sei, seien dann "Lösungsmöglichkeiten" in verschiedenen Gesprächen Ende Februar/Anfang März 1998 in O1 mit der Beklagten bzw. deren Mitarbeiter F besprochen worden. Hierbei sei auch vereinbart worden, dass ein Teil der gewährten Darlehen zur Rückführung von Altschulden der A GmbH habe dienen sollen (Beweis: Schreiben der Gemeinschuldnerin vom 10.3.1998/Bl. 125 d.A.). Zu diesem Vorgehen habe die Beklagte sich aufgrund folgender Umstände veranlasst gesehen:

Die A GmbH habe in Hinblick auf die miserable Ertragslage ihres Geschäftsbetriebes befürchtet, Antrag auf Einleitung des Gesamtvollstreckungsverfahrens stellen zu müssen, was zu einem Verlust des Betriebsgrundstücks als ihrem wesentlichen Vermögenswert geführt hätte. Aus diesem Grund habe sie den völlig unrentablen Geschäftsbetrieb auf die Gemeinschuldnerin bzw. die zunächst gegründete Y GmbH rückwirkend zum 1.1.1997 übertragen und das ihr verbliebene Betriebsgrundstück an diese vermietet. Der Beklagten sei die unzureichende Kapitalausstattung der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen; sie habe dieser wiederholt sechsstellige Beträge zur Verfügung gestellt. Seit der Aufspaltung habe die Gemeinschuldnerin keinen Umsatz erzielt, der auch nur ansatzweise die Kosten gedeckt habe (Beweis: Zeuge Z1).

Die Beklagte, welche - unter Berücksichtigung ihrer...

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