Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzt der an sich für den kaufmännischen Bereich nicht zuständige Mitgeschäftsführer bei hinreichendem Anlass zum Tätigwerden seine Pflicht, für Abführung der Sozialversicherungsbeiträge zu sorgen, haftet er auf Schadensersatz
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 29.4.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 6.525,03 Euro nebst jeweils 4 % Zinsen aus
217,32 Euro für die Zeit vom 16.7.1999 bis 15.8.1999,
2.483,16 Euro für die Zeit vom 16.8.1999 bis 15.9.1999,
3.673,57 Euro für die Zeit vom 16.9.1999 bis 15.10.1999,
5.568,49 Euro für die Zeit vom 16.10.1999 bis 15.11.1999,
7.207,91 Euro für die Zeit vom 16.11.1999 bis 15.12.1999,
9.125,01 Euro für die Zeit vom 16.12.1999 bis 5.11.2002,
8.925,01 Euro für die Zeit vom 6.11.2002 bis 3.1.2003,
8.725,01 Euro für die Zeit vom 4.1.2003 bis 5.2.2003,
8.525,01 Euro für die Zeit vom 6.2.2003 bis 5.3.2003,
8.325,01 Euro für die Zeit vom 6.3.2003 bis 3.4.2003,
8.125,01 Euro für die Zeit vom 4.4.2003 bis 5.5.2003,
7.925,01 Euro für die Zeit vom 6.5.2003 bis 3.6.2003,
7.725,03 Euro für die Zeit vom 4.6.2003 bis 3.7.2003,
7.525,03 Euro für die Zeit vom 4.7.2003 bis 2.9.2003,
7.325,03 Euro für die Zeit vom 3.9.2003 bis 2.10.2003,
7.125,03 Euro für die Zeit vom 3.10.2003 bis 5.11.2003,
6.925,03 Euro für die Zeit vom 6.11.2003 bis 2.12.2003,
6.725,03 Euro für die Zeit vom 3.12.2003 bis 5.1.2004
und 6.525,03 Euro für die Zeit ab 6.1.2004
zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte ist mit weniger als 20.000 Euro beschwert.
Gründe
1. Der Beklagte war Geschäftsführer der Firma S. Baudekoration GmbH; Mitgeschäftsführer waren die Zeugen S. und K. Alle drei Geschäftsführer waren zugleich Gesellschafter.
In dem mit dem Beklagten geschlossenen Anstellungsvertrag vom 21.111998 hieß es u.a.: "§ 1 Aufgaben und Pflichten ... Herrn B. obliegen insb. die Aufgaben, die ... zum Geschäftsbereich des technischen Geschäftsführers gehören." An entsprechender Stelle hieß es im Anstellungsvertrag des Zeugen K. vom selben Tage: "... die Aufgaben, die ... zum Geschäftsbereich des kaufmännischen Geschäftsführers gehören."
Die Gesellschaft war in Zahlungsschwierigkeiten. Sie führte vom 1.6. bis 30.11.1999 einbehaltene Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht an die Klägerin - die zuständige Einzugsstelle - ab.
Hieran anknüpfend begehrt die Klägerin Schadensersatz wegen der Verletzung von Geschäftsführerpflichten.
Sie trägt vor, seit Anfang 1999 sei offensichtlich gewesen, dass die GmbH in eine finanzielle "Schieflage" geraten sei. Das habe dem Beklagten vor Augen gestanden.
Die Klägerin hatte ihre Beitragsausfälle zunächst auf 9.125,01 Euro angesetzt, nach Ausgleichszahlungen des Zeugen K. in erster Instanz zuletzt noch 8.325,01 Euro nebst Zinsen verlangt.
Der Beklagte hat vorgetragen, als technischer Geschäftsführer sei er mit den Geschäftsbereichen "Personalwesen" und "Sozialversicherung" nicht befasst gewesen. Er habe sich bis zum Ausscheiden des Zeugen K. - Ende 1999 - darauf verlassen, dass dieser seinen Pflichten als kaufmännischer Geschäftsführer entsprechend alle Beiträge korrekt abführe.
Das LG hat - nach Beweiserhebung über diesen Komplex - den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Sachanträge wird auf den Tatbestand des Urteils vom 29.4.2003 Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren trägt der Beklagte vor, mit der Zuweisung einer ausschließlichen Geschäftsführungszuständigkeit für den technischen Bereich seien seine Geschäftsführerpflichten auf technische Fragen konzentriert worden, und in kaufmännischen Fragen habe sich lediglich eine Überwachungsverpflichtung ergeben. Eine solche Verpflichtung habe er nicht verletzt, da der kaufmännische Geschäftsführer ihm nichts von den Liquiditätsproblemen der Gesellschaft gesagt habe. Das LG habe die Aussagen der Zeugen K. und S. zum Nachteil des Beklagten fehlerhaft gewürdigt.
Mit Schriftsatz vom 2.1.2004, ergänzt durch Schriftsatz vom 22.1.2004, trägt der Beklagte vor, die von der Klägerin angesetzten Beiträge überstiegen das bei richtiger Berechnung anzusetzende Maß.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des LG Darmstadt v. 29.4.2003 -- 13 O 489/02 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt anschließend an weitere Ausgleichszahlungen des Mitgesellschafters K., die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil des LG Darmstadt v. 29.4.2003 -- 13 O 489/02, wird kostenpflichtig zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Beklagte unter Tragung der Kosten nunmehr dahin gehend verurteilt wird, an die Klägerin 6.525,03 Euro nebst jeweils 4 % Zinsen aus
217,32 Euro für die Zeit vom 16.7.1999 bis 15.8.1999,
2.483,16 Euro für die Zeit vom 16.8.1999 bis 15.9.1999,
3.673,57 Euro für die Zeit vom 16.9.199...