Entscheidungsstichwort (Thema)

Verstoß gegen gesellschaftliche Treuepflicht durch Entlastungsbeschlüsse

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.01.2018; Aktenzeichen 3-3 O 8/17)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.09.2020; Aktenzeichen II ZR 141/19)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Abänderung des am 26. Januar 2018 verkündeten Urteils der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 3-03 O 8/17) festgestellt, dass

1. der Beschluss der Gesellschafterversammlung der X GmbH & Co. KG vom 25. November 2016 zum Tagesordnungspunkt 4, wonach der Komplementärin für die Geschäftsjahre 2014 und 2015 Entlastung erteilt wird, nichtig ist,

2. der Beschluss der Gesellschafterversammlung X GmbH & Co. KG vom 8. März 2017 zum Tagesordnungspunkt 3, wonach der Komplementärin für die Geschäftsjahre 2000 bis 2008 jeweils Entlastung erteilt wird, nichtig ist,

3. der Beschluss der Gesellschafterversammlung der X GmbH & Co. KG vom 8. März 2017 zum Tagesordnungspunkt 3, wonach der Komplementärin für die Geschäftsjahre 2009 bis 2013 jeweils Entlastung erteilt wird, nichtig ist.

Die Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits haben die Beklagten zu 1. bis 4., die Kosten des Berufungsverfahrens die Beklagten zu 1. bis 5. zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 32.124,51 Euro abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung der Kläger Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Gebührenstreitwert wird für das erstinstanzliche und das Berufungsverfahren festgesetzt auf 29.204,10 Euro.

 

Gründe

I. Der Kläger und die Beklagten zu 1. bis 4., die sich aus ihrer gemeinsamen beruflichen Tätigkeit kennen, gründeten - mit zwischenzeitlich ausgeschiedenen, weiteren Gesellschaftern - zum Zwecke des Erwerbs, der Entwicklung und der gewinnbringenden Vermietung bzw. der späteren Veräußerung einer einzigen Immobilie in Stadt1 (im Folgenden: die Immobilie) im Jahr 1993 die X GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG). Bei der Immobilie, die die KG erwarb, handelte es sich um ein Wohn- und Geschäftshaus, in dem sich 43 private Wohneinheiten sowie 4.000 qm Büro- und Gewerbefläche befanden. Persönlich haftende Gesellschafterin der KG, deren einzige Aufgabe die Geschäftsführung der KG war, war die X GmbH, die zwischenzeitlich in Liquidation befindliche Beklagte zu 5. Der Kläger und die Beklagten zu 1. bis 4. waren Kommanditisten der KG, wobei der Kläger, der Beklagte zu 1. und der Beklagte zu 4. jeweils 18% des Gesellschaftskapitals und die Beklagten zu 2. und 3. jeweils 23% des Gesellschaftskapitals hielten.

§ 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der KG (Anlage K3, Anlagenband Klägerin) lautet:

"Soweit in zwingenden gesetzlichen Bestimmungen oder diesem Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, bedürfen Gesellschafterbeschlüsse, durch die der Gesellschaftsvertrag geändert oder ergänzt, die Gesellschaft aufgelöst wird oder Immobilien veräußert oder erworben werden der Zustimmung aller Gesellschafter, sonstige Gesellschafterbeschlüsse der Mehrheit aller nach dem Gesellschaftsvertrag vorhandenen, stimmberechtigten Stimmen."

Die Stimmanzahl richtet sich nach der Höhe des Kommanditanteils (§ 8 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag der KG).

Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der KG, d.h. der Beklagten zu 5., waren bis ins Jahr 2008 der Kläger und der Beklagte zu 1. gemeinsam, nach dem Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer - deren Umstände von den Parteien unterschiedlich dargestellt werden - der Beklagte zu 1. allein.

Der Kläger war noch bis 2015 als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen. Die Finanzbuchhaltung, die Erstellung der Jahresabschlüsse und die Steueranmeldungen der KG übernahm zunächst der Beklagte zu 3. mit seinem Steuerbüro. Soweit die Gesellschafter selbst für die Beklagte zu 5. oder die KG tätig wurden, wurden hierfür keine schriftlichen Verträge geschlossen und sie erhielten für die Tätigkeiten keine Vergütung.

Die Immobilie wurde auf Vorschlag des Beklagten zu 3. mit Abschluss eines Verwaltervertrages, wobei die KG insoweit von der vom Kläger vertretenen Beklagten zu 5. vertreten wurde, am 1. Juli 1999 von dem in Stadt1 ansässigen Hausverwalter Herr A (im Folgenden: Verwalter) verwaltet. Der Verwalter wurde mit der Objektverwaltung beauftragt, wozu die gesamte Vermietung der Immobilie, das Inkasso der Mieten sowie der Mietkautionen, die Abrechnung der Nebenkosten und die Instandhaltung der Immobilie, inklusive der Prüfung und Begleichung von Rechnungen von Handwerkern oder Versorgungsunternehmen, gehörte.

Ab dem Jahr 2006 wurde der Verwalter durch den Kläger und den Beklagten zu 1. als damalige Geschäftsführer der Komplementärin der KG, d.h. der Beklagten zu 5., auch anstelle des Beklagten zu 3. mit der Finanzbuchhaltung für die Immobilie beauftragt und erhielt eine Vollmacht für das Bankkonto der KG, um den gesamten Zah...

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