Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkauf eines gebrauchten Comuters mit CoA-Zertifikat-Sticker

 

Leitsatz (amtlich)

Der Verkauf eines gebrauchten Computers, dessen Festplatte die vormals aufgespielte OEM-Software nicht mehr enthält und dem auch kein Datenträger mit dieser Software beigefügt ist, auf dessen Gehäuse aber noch das Echtheitszertifikat der Antragstellerin (Certificate of Authenticity, nachfolgend CoA) klebt, das vom Antragsgegner als Lizenz-Sticker bezeichnet wird, stellt keine Urheberrechtsverletzung dar und zielt auch nicht darauf ab, eine illegale Vervielfältigung der Software zu ermöglichen.

 

Normenkette

UrhG §§ 69c, 69d Abs. 2, § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-6 O 117/08)

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Antragstellerin steht kein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 i.V.m. § 69c Nr. 1 UrhG gegen den Antragsgegner zu.

Der Verkauf eines gebrauchten Computers, dessen Festplatte die vormals aufgespielte OEM-Software nicht mehr enthält und dem auch kein Datenträger mit dieser Software beigefügt ist, auf dessen Gehäuse aber noch das Echtheitszertifikat der Antragstellerin (Certificate of Authenticity, nachfolgend CoA) klebt, das vom Antragsgegner als Lizenz-Sticker bezeichnet wird, stellt keine Urheberrechtsverletzung dar und zielt auch nicht darauf ab, eine illegale Vervielfältigung der Software zu ermöglichen. Der Erwerber kann sich auf rechtmäßige Weise eine Vervielfältigung der für die Antragstellerin geschützten Programme auf die Festplatte aufspielen.

Soweit die Antragstellerin erstmals mit Schriftsatz vom 27.5.2009 bestreitet, dass auf dem PC früher eine legale Version des Programms aufgespielt war, handelt es sich um ein neues Angriffsmittel der Antragstellerin, für dessen Zulassung gem. § 531 Abs. 2 Nrn. 1-3 ZPO Gründe weder vorgetragen noch erkennbar sind.

Eine legale Beschaffung des Betriebssystems der Antragstellerin durch den Erwerber des gebrauchten Computers kommt zunächst dadurch in Betracht, dass dieser zusätzlich eine Vollversion der Software erwirbt. Dies ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht von vornherein völlig fern liegend. Nahe liegend ist zudem, dass sich der Erwerber die ursprünglich auf dem gebrauchten Computer vorhandene Software mit Hilfe einer Recovery-CD wieder beschafft. Eine solche Vervielfältigung der geschützten Software ist zulässig, denn sie findet mit der Einwilligung der Antragstellerin statt. Wäre die Software, auf die sich das CoA bezieht, noch auf der Festplatte des gebrauchten PC vorhanden gewesen oder dem Käufer auf einem anderen Datenträger zur Verfügung gestellt worden, läge darin nach der Rechtsprechung des BGH eine zulässige Weiterübertragung des Rechts zur Nutzung eines einzelnen Vervielfältigungsstücks der Software auf die Abnehmer des Antragsgegners (BGH, Urt. v. 6.7.2000 - I ZR 244/97 - OEM-Version, GRUR 2001, 153).

Das von dem OEM-Hersteller auf den Rechner aufgespielte Vervielfältigungsstück des Computerprogramms ist durch Veräußerung auf dem Gebiet der Europäischen Gemeinschaften in den Verkehr gebracht worden, wodurch gem. § 69c Nr. 3 S. 2 UrhG die Erschöpfung des Verbreitungsrechts (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 Nr. 2 UrhG) der Klägerin eingetreten ist (BGH, Urt. v. 6.7.2000 - I ZR 244/97 - OEM-Version, GRUR 2001, 153). Das betreffende Vervielfältigungsstück durfte daher ohne Zustimmung der Antragstellerin an den Antragsgegner und von diesem an seine Abnehmer weiterveräußert werden. Da das Nutzungsrecht an diesem Vervielfältigungsstück akzessorisch zum Verbreitungsrecht ist, konnte es nicht von der Verfügungsklägerin zurückbehalten werden und bei ihr verbleiben; § 34 UrhG regelt die zustimmungspflichtige Übertragung von Nutzungsrechten, nicht dagegen das Recht zur Nutzung einzelner Vervielfältigungsstücke der Software (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 25.6.1996 - 11 U 4/96, NJW-RR 1997, 494).

Das streitgegenständliche Computerprogramm ist hier zwar von der Festplatte des Rechners gelöscht worden. Hierdurch sind das ursprüngliche Vervielfältigungsstück und das ihm zugeordnete Nutzungsrecht zwar endgültig untergegangen. Gerade der Wiederherstellung der Software soll aber die Vervielfältigung des Recovery-Exemplars dienen.

Zwar war der von Antragsgegner angebotene Computer von dem Hersteller A (nachfolgend A) ohne eine sog. Recovery-CD, von der das Programm wieder auf die Festplatte aufgespielt werden kann, ausgeliefert worden. Der Antragsgegner hat jedoch mit Schriftsatz vom 17.7.2008 unwidersprochen vorgetragen, dass der Erwerber des PC gegen eine geringe Aufwandsentschädigung nach Mitteilung des auf dem CoA aufgedruckten Produkt-Key und der Seriennummer des Computers von dem Hersteller A eine Recovery-CD mit dem Programm erhalte. Dies würde mit Zustimmung der Antragstellerin erfolgen.

Hätte der Ersterwerber von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, so läge darin der gem. § 69d Abs. 2...

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