Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erschöpfung durch Herunterladen einer Testversion; COA
Leitsatz (amtlich)
Das Zurverfügungstellen einer Testversion eines Computerprogramms soll die Kaufmotivation der Nutzer fördern; es enthält keine Zustimmung zur Vervielfältigung der Programmkopie seitens des Nutzers. Dies gilt unabhängig davon, ob die seitens der Rechteinhaberin ausdrücklich auf 30 Tage beschränkte Nutzungsmöglichkeit der Testversion faktisch auch darüber hinaus besteht. Das Herunterladen einer Testversion führt nicht zur Erschöpfung des Verbreitungsrechts der zugrundeliegenden Programmkopie.
Normenkette
UrhG §§ 31, 69c, 69d, 97
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.10.2013; Aktenzeichen 2-3 O 284/12) |
Tenor
Das Versäumnisurteil des Senats vom 28.6.2016 - 11 U 108/13 - wird aufrechterhalten.
Die Beklagten haben auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung von Urheber- und Markenrechten und ihres Unternehmenskennzeichens auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung der Schadenersatzpflicht und Herausgabe von Verletzungsgegenständen in Anspruch.
Das LG hat durch das angegriffene Urteil, auf das wegen des Sachverhalts und der gestellten Anträge gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne von den Beklagten gemäß §§ 97 Abs. 1, 69a, 69c UrhG verlangen, es zu unterlassen, Vervielfältigungsstücke der Computerprogramme der Klägerin herzustellen und Computer mit vorinstallierten Kopien in den Verkehr zu bringen. Die Beklagten hätten Vervielfältigungsstücke dadurch in den Verkehr gebracht, dass die drei von Herrn A erworbenen PCs mit den Betriebssystemen der Klägerin vorinstalliert gewesen seien. Die erforderliche Zustimmung der Klägerin zur Vornahme dieser Vervielfältigung habe nicht vorgelegen. Diese Vervielfältigung sei auf Dauer angelegt gewesen, da der Lieferung der Computer jeweils ein Certificate of Authenticity (nachfolgend "CoA") beigefügt gewesen sei, das den dauerhaften Betrieb des Programms habe ermöglichen sollen. Hierfür habe die Zustimmung der Klägerin gefehlt, da der nach der Behauptung der Beklagten der Vervielfältigung zugrunde liegende Download die Nutzung der Software nur für 30 Tage habe ermöglichen sollen und damit jedenfalls keine Zustimmung für die dauerhafte Nutzung vorliege. Auch seien die Beklagten für die streitige Behauptung, die Vervielfältigung des Programms sei durch Download einer Testversion erfolgt, beweisfällig geblieben. Es sei unklar, ob sich der angebotene Sachverständigenbeweis auf diese Behauptung beziehe und die Behauptung diesem Beweis zugänglich sei. Eine Zustimmung ergebe sich nicht aus den CoAs, da diese nach der Bestimmung der Klägerin nur als Erkennungsmerkmal der Echtheit des Produkts dienten. Die Beklagten könnten sich auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH nicht auf Erschöpfung berufen, da dies voraussetze, dass die Klägerin dem Herunterladen zugestimmt habe und das Vervielfältigungsstück dem Rechteinhaber zur dauerhaften Nutzung gegen Entgelt überlassen worden sei. Hieran fehle es vorliegend. Auch sei nach der o.g. Rechtsprechung das Verbreitungsrecht nicht deswegen erschöpft, weil - wie die Beklagten geltend machten - die CoAs, die zur Kennzeichnung von OEM-PCs bestimmt gewesen seien, bereits mit Einwilligung der Klägerin in Verkehr gebracht worden seien. Nach der Rechtsprechung könne ein berechtigter Erwerber eine Vervielfältigungshandlung vornehmen, wenn dies zum Weiterverkauf erforderlich sei. Dies setze aber voraus, dass die ursprüngliche Programmkopie gelöscht worden sei. Dass dies vorliegend der Fall sei, hätten die Beklagten nicht substantiiert dargelegt und bewiesen. Die Beklagten seien gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG auch verpflichtet, es zu unterlassen, CoAs für Computerprogramme, die das Zeichen "X" und/oder "Y" aufwiesen, zur Kennzeichnung von Computern zu verwenden und Computer mit solchen CoAs in den Verkehr zu bringen. Die Beklagten könnten sich jedenfalls gemäß § 24 Abs. 2 MarkenG nicht auf Erschöpfung berufen. Denn die Verwendung des Zeichens durch die Beklagten erwecke den unzutreffenden Eindruck, die Klägerin stehe durch die Verbindung von Computer und Zertifikat für die Echtheit des Produkts ein. Die Gewähr dafür, dass die mit der Marke gekennzeichnete Ware unter ihrer Kontrolle hergestellt worden sei, könne die Klägerin aber nur übernehmen, wenn die mit der Ware verbundenen CoAs von ihr oder auf ihre Veranlassung angebracht worden seien. Die Folgeansprüche beständen ebenfalls.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit der Beruf...