Leitsatz (amtlich)

Die durchschnittliche Aufmerksamkeit der Zuschauer beim Betrachten von Fernsehwerbung ist gering.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.06.2003; Aktenzeichen 8 O 22/03)

 

Tenor

Die Berufung gegen das am 25.6.2003 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Tenor des angefochtenen Urteils unter Ziff. 1.1.a) das Wort "insb." entfällt.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 165.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschwer der Beklagten: 150.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit eines TV-Werbespots, der in dem nachfolgend abgebildeten Story-Board zusammengefasst ist.

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl 101 ff. d.A.) wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt,

1.a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes i.H.v. bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft - zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern - zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einen Vergleich, bei dem die ggü. den X-Entgelten günstigeren Y-Entgelte der Firma A. den Tarifen der B. gegenübergestellt werden, zu bewerben und oder bewerben zu lassen, wenn dabei gleichzeitig auf die Verbindungsnetzbetreiber-Kennzahl ... der Firma A. verwiesen wird, insb. wenn dies geschieht wie in dem durch das in der Anlage K 5 zur Klageschrift beigefügte Story-Board gekennzeichneten TV-Spot;

b) der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der vorstehend unter Ziff. 1a) genannten Geschäftstätigkeiten, insb. unter Angabe der seit dem ... 12.2002 erfolgten Ausstrahlungen des unter Ziff. 1a) genannten TV-Spots, aufgeschlüsselt nach den einzelnen TV-Sendern und den Sendeterminen.

Weiter hat das LG festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu erstatten, der der Klägerin dadurch entstanden ist oder künftig noch entstehen wird, dass die Beklagte seit dem ... 12.2002 die unter Ziff. 1a) genannte Geschäftstätigkeit entfaltet hat.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, der angegriffene Werbespot sei irreführend, weil durch den Satz "..." der Eindruck vermittelt werde, der Kunde erhalte den für Gespräche vom Festnetz in das Mobilfunknetz beworbenen Preisvorteil von ... % ggü. dem Standardtarif der Klägerin auch dann, wenn er die Nummer ... im Wege des Call-by-Call-Verfahrens voranstelle. Tatsächlich betrage der Preisvorteil dann aber nur ... %. Außerdem hat das LG eine unzulässige Herabsetzung der Klägerin angenommen, die sich insb. aus den Äußerungen "..." und "..." ergebe.

Gegen diese Einschätzung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie hält den Werbespot nicht für herabsetzend und meint, auch eine Irreführung sei zu verneinen, weil sich aus dem Gesamteindruck der Werbung für den Verbraucher eindeutig ergebe, dass sich der Leistungsvergleich ausschließlich auf den Service "A.Y.", nicht aber auf Call-by-Call-Dienstleistungen, beziehe.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass im Unterlassungsantrag das Wort "insb." entfällt.

Die Klägerin tritt der Berufung entgegen, verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde zur Verdeutlichung des beiderseitigen Parteivorbringens der im Streit stehende Werbespot angesehen.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Das LG hat zu Recht und mit zutreffender Begründung eine wettbewerbswidrige Irreführung angenommen (§§ 3, 5 UWG). Denn die angegriffene Werbung vermittelt einem durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, der angepriesene Preisvorteil gelte auch für Telefongespräche im Call-by-Call-Verfahren und nicht nur bei Inanspruchnahme des Y-Angebots der Beklagten.

Der letzte Satz der Fernsehwerbung, in dem die von der Beklagten für das Call-by-Call-Verfahren intensiv und einprägsam beworbene Nummer ... prägnant herausgestellt wird, weist aus der Sicht des Fernsehzuschauers darauf hin, dass der angepriesene Preisvorteil (auch) im Call-by-Call-Verfahren zu erlangen sei. Zwar deutet die abschließende Formulierung "..." ein Informationsangebot an. Hieraus erschließt sich für einen durchschnittlichen Zuschauer aber nicht, dass die als Call-by-Call-Vorwahlnummer bekannte Nummer ... für das vorliegende Werbeangebot eine reine Informationsfunktion haben solle, zumal er diese Nummer nicht "wählen", s...

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