Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.06.1999; Aktenzeichen 1-14 O 497/97) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29.6.1999 verkündete Urteil des LG Frankfurt am Main - Az. 1/14 O 497/97 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung fallen den Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 336.000 Euro abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Dem Beklagten zu 1) wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische, unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen der Übertragung von Hepatitis C und AIDS durch einen Behandlungsfehler bei einer Ozon-Therapie geltend, die in der Praxis der Beklagten ab Mai 1992 bis Ende 1993 bei ihr durchgeführt wurde. Sie verlangt einen Schmerzensgeldbetrag von 300.000 DM = 153.387,56 Euro, eine monatliche Schmerzensgeldrente i.H.v. 1.000 DM = 511,29 Euro und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten für ihre zukünftigen immateriellen und materiellen Schäden.
Die Klägerin litt seit 1990 an Migräne. Sie war deswegen bei verschiedenen Fachärzten in Behandlung. Außerdem wurde sie 1991 wegen einer Eileiterschwangerschaft im ...krankenhaus, O1, operiert. Bei einer Zahnbehandlung im Februar 1992 ließ sie sich die Amalgamfüllungen entfernen. Ihre Leberwerte waren 1987 und 1991 normal.
Im Mai 1992 wandte sich die Klägerin wegen ihrer Kopfschmerzen an die Beklagten, die eine Gemeinschaftspraxis für Naturheilkunde betrieben. Sie unterzog sich dort auf Empfehlung des Beklagten zu 1) einer Ozon-Therapie. Diese vollzog sich so, dass den Patienten über eine Vene in der Armbeuge ca. 100 ml Blut entnommen wird, das anschließend in einer Vakuumflasche mit einem Ozon-Luftgemisch versetzt und dem Patienten schließlich wieder über die Vene in der Armbeuge zugeführt wird. Ab dem ...5.1992 erfolgten ca. 30 Ozon-Behandlungen, die entweder vom Beklagten zu 1) oder von der Beklagten zu 2) vorgenommen wurden. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die für das Ozon verwandte Glasspritze nicht nach jeder Anwendung sterilisiert, sondern für die Behandlung mehrerer Patienten verwandt wurde. Die Beklagten beschrieben das Verfahren im Einzelnen in Schreiben an die V1 AG, ihre Berufshaftpflichtversicherung, vom 8. u. 9.12.1994, auf welche insoweit Bezug genommen wird (Bl. 39-42 d.A.).
Bei der Klägerin traten Anfang Juli 1992 Anzeichen einer massiven Virusinfektion mit Fieber bis 40° C, starke Lymphknotenschwellungen am Hals und hinter den Ohren, Bewusstlosigkeit, starke Schmerzen in Gesäß und Beinen und große körperliche Schwäche auf. Auf Anraten des Beklagten zu 1) ließ sich die Klägerin ab Ende Juli 1992 wiederum mit der Ozon-Therapie behandeln. In der Folgezeit ging es ihr etwas besser. Allerdings stellten sich im September 1992 äußerste Müdigkeit bereits am Vormittag, körperliche Schwäche und Übelkeit bei ihr ein. Ein von den Beklagten veranlasster Bluttest ergab eine Hepatitis C-Infektion. Weitere Laborbefunde vom ...10.1993 und ...10.1993 bestätigten dieses Ergebnis (Bl. 414-416 d.A.). Außerdem ergab sich nun ein positiver Befund bei HIV-Antikörpern. Die Ozon-Therapie wurde von den Beklagten auch nach diesem Befund fortgeführt.
1994 litt die Klägerin an körperlichen Schwächezuständen, mangelnder Belastbarkeit, Stressempfindlichkeit, Leistungsabfall, Gewichtsabnahme und einer Candida Mykose. Im Frühjahr 1997 erkrankte sie an einer Lungenentzündung, im Mai 1997 an einer Toxoplasmose. Die Klägerin, von Beruf ... und ..., kann eine Vollzeitberufstätigkeit wegen ihres körperlichen Zustandes nicht mehr ausfüllen. Das ...examen kann sie nicht mehr anstreben. Freizeitgestaltung und Kontakte zu Mitmenschen sind ebenfalls sehr eingeschränkt. Die Klägerin hat Mühe, ihren Alltag zu bewältigen. Für ihre Vermögenssorge wurde Rechtsanwalt Dr. A. als Betreuer bestellt (Bl. 33-37 d.A.).
Das Stadtgesundheitsamt führte eine Praxisbegehung bei den Beklagten durch (Protokolle vom 20.9.1995 und 22.7.1997, Bl. 98, 99 u. 100, 101 d.A.). Prof. Dr. G1 vom Institut I1 in O2 erstattete am 5.9.1997 für die Staatsanwaltschaft ein Gutachten, in welchem die Übertragung von Krankheitskeimen durch die Glasspritze für möglich gehalten wurde (Bl. 102-104 d.A.). Das Stadtgesundheitsamt identifizierte mehrere Patienten der Praxis der Beklagten mit einer HCV-Infektion (Schreiben Dr. G2 vom Stadtgesundheitsamt an die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 30.10.1995, Bl. 100, 101 d.A.).
Die Klägerin hat behauptet, sie sei in der Praxis der Beklagten bei der Ozon-Therapie durch die dabei für mehrere Patienten verwandte Glasspritze, die nicht sterilisiert worden sei, mit Hepatitis C und dem Aids-Virus infiziert worden. Dies stelle ei...