Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 02.07.1999; Aktenzeichen 2/21 O 87/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2.7.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt/M. - Az. 2/21 O 87/97 - abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin über die ihr vom Landgericht zugesprochenen 30.000,- DM hinaus weitere 20.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 3.4.1997 zu zahlen.
Im übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits verteilen sich wie folgt:
Von den Kosten der ersten Instanz fallen der Klägerin 23 % und den Beklagten 77 % zur Last.
Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 3/7 und die Beklagten zu 4/7.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 15.000,- DM und für die Beklagten 20.000,- DM.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von den Erben des ... Schadensersatz wegen einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung, und zwar Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 65.000,00 DM sowie die Feststellung der Verpflichtung, künftige materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen.
Die Klägerin war bei ... von 1963 bis 1974 sowie von 1990 bis 1995 in ärztlicher Behandlung. Von September bis Mitte Dezember 1993 erhielt sie von ... subkutan und intramuskulär Injektionen, wobei ... die sogenannte "Syrine-Sharing-Methode" anwandte. Hierbei wird nur die Nadel der Spritze gewechselt, die Spritze selbst dagegen nicht.
Bei der Klägerin wurde im März 1995 eine chronische Hepatitis C-Infektion festgestellt. Zuvor hatte sie sich bereits eine Hepatitis B-Infektion zugezogen, die im Jahre 1989 ausgeheilt war. Die Klägerin hatte sich in der Zeit zwischen 1942 und 1992 zahlreichen Operationen zu unterziehen, die teilweise größere Eingriffe darstellten (vgl. Bl 172 d. A.). Ob dabei Blut oder Plasma zugeführt wurde, ist streitig.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei auch in den Jahren 1985 und 1986 von ... mit der "Syrine-Sharing-Methode" behandelt worden. Dadurch sei sie einem extremen Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen. Sie führt ihre Hepatitis- C-Infektion auf diese Behandlung zurück. Bei den verschiedenen Injektionen sei es mehrmals zu Blutungen gekommen, so dass auch ein Blut-zu-Blut- Kontakt mit anderen Patienten ermöglicht worden sei. Das bedeute einen groben Behandlungsfehler, der eine Beweislastumkehr bewirke. Wegen der Hepatitis C-Infektion dürfe sie nicht mehr in die USA einreisen. Personen mit dieser Erkrankung erhielten kein Visum mehr. Sie leide unter gesundheitlichen Einschränkungen wie schneller Erschöpfung, Leistungsschwäche und Abgeschlagenheit.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung (2.4.1997) zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 65.000,00 DM betragen sollte.
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der ärztlichen Behandlung des inzwischen verstorbenen Vaters der Beklagten zu 1) und 2), Herrn ..., in dem Zeitraum von September bis Dezember 1993 noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, die Hepatitis C-Infektion habe sehr viel früher stattgefunden, nämlich gleichzeitig mit der Hepatitis B-Infektion, die bereits Anfang der 80er Jahre aufgetreten sei. Dies ergebe sich aus den Transaminasenkonstellationen, die auf eine länger zurückliegende Hepatitis C schließen ließen. Eine Infektion bei intramuskulären und subkutanen Injektionen sei so gut wie ausgeschlossen. Demgegenüber sei es indessen sehr wahrscheinlich, dass die Klägerin bei einer der zurückliegenden schweren Operationen infiziert worden sei.
Das beantragte Schmerzensgeld haben die Beklagten für unangemessen hoch gehalten.
Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 30.06.1997, Bl. 118, 119 d. A., durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ... das dieser am 12.03.1998 erstattet hat (Bl. 131 bis 140 d. A.). Der Sachverständige hat außerdem am 16.06.1998 ein Ergänzungsgutachten vorgelegt (Bl. 193 d. A.). Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 28.07.1998, Bl. 232 d. A., hat das Landgericht ein Obergutachten des Sachverständigen ... vom 02.11.1998 eingeholt (Bl. 242 bis 253 d. A.).
Es hat sodann durch ein am 02.07.1999 verkündetes Urteil der Klage in Höhe von 30.000,00 DM stattgegeben und die beantragte Feststellung getroffen.
Es hat einen groben Behandlungsfehler des ... bei den Injektionen im sogenannten "Syrine-Sharing-Verfahren" angenommen. Aufgrund der daraus folgenden Beweislastumkehr hat es die Kausalität dieses Behandlungsfehlers für die Infektion der Klägerin mit Hepatitis C festgestellt. Der Beweis, dass die Klägerin sich bei einer der vorangegangenen Operationen infizier...