Entscheidungsstichwort (Thema)

Internationale Zuständigkeit für Rückgriffsansprüche des Darlehensgebers

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.06.2016; Aktenzeichen 2-07 O 364/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.03.2019; Aktenzeichen XI ZR 228/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.6.2016, Az.: 2-07 O 364/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das angefochtene und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der nach den Urteilen vollstreckbaren Beträgen abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung für den jeweils zu vollstreckenden Betrag Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die klagende Landesbank macht gegen die Beklagte Rückgriffsansprüche aus behaupteten verbundenen Geschäften geltend.

Die Beklagte ist ein Dienstleistungsunternehmen aus Stadt1, welches Lebensversicherungen anbietet. Sie firmierte ursprünglich als X.

Die Klägerin schloss mit vier Ehepaaren, den Eheleuten A, B, C und D als Darlehensnehmern in den Jahren 2003 und 2004 jeweils Verbraucherdarlehensverträge ab, die zur Finanzierung von Einmalzahlungen der Darlehensnehmer in parallel abgeschlossene Kapitallebensversicherungen bei der Beklagten dienten. Die Klägerin zahlte die Darlehensvaluta jeweils auf ein Konto der Beklagten bei der Bank1, Filiale Stadt2 ein (vgl. Anlagen K 2b, K 2c, K 2e, K 2f, jeweils im Anlagenband).

Nachdem sich der Wert der Lebensversicherungen in den folgenden Jahren nicht so positiv entwickelte, wie von den Eheleuten erwartet, widerriefen sie ihre auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen nach §§ 495, 355 BGB a.F. und beriefen sich auf das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts.

Die Eheleute A nahmen die Klägerin vor dem Landgericht Stuttgart in Anspruch. Der Rechtsstreit endete mit einem gerichtlichen Vergleich (vgl. Anlage K 19, Anlagenband). Die weiteren drei Darlehensverhältnisse wurden jeweils durch außergerichtliche Vergleiche beendet (vgl. Anlagen K 20a, K 20c, K 20d, jeweils im Anlagenband). Die gütlichen Einigungen sahen u.a. eine Verwertung der Lebensversicherungen zugunsten der Klägerin und einen Teilverzicht der Klägerin auf Darlehensforderungen vor (vgl. Anlagen K 19, K 20a, K 20c, K 20d).

Die Klägerin hat gemeint, die von ihr verwendeten Widerrufsbelehrungen seien nicht ordnungsgemäß gewesen, weswegen die Darlehensnehmer ihr Widerrufsrecht wirksam ausgeübt hätten. Darlehensvertrag und Lebensversicherungsvertrag hätten ein verbundenes Geschäft gebildet. Die Beklagte habe ihre Lebensversicherungsverträge ausschließlich über ein und dasselbe Vermittlungsunternehmen angeboten, welches auch die dazugehörigen Finanzierungen bei ihr vertrieben und angeboten habe. Zudem sei die Darlehensvaluta direkt an die Beklagte ausgezahlt worden. Die Verträge hätten daher eine "wirtschaftliche Einheit" im Sinne von § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB gebildet. Die von ihr gegenüber den Darlehensnehmern geschuldete Rückabwicklung der Darlehensgeschäfte begründe Rückgriffsansprüche gegen die Beklagte. Die Rechtsgrundlage für ihr Rückabwicklungsbegehren ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB a.F. Zwischen den Parteien bestehe ein Rückgewährschuldverhältnis. Sie als Darlehensgeberin sei im Verhältnis zur Beklagten in die Rolle der Verbraucher eingerückt. Ihr stehe nunmehr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Leistung der Differenz zwischen den an die Beklagte ausbezahlten Nettodarlehensvaluten und den von ihr vereinnahmten Rückkaufswerten von insgesamt 244.240 EUR zu. Davon würde auf das Darlehensverhältnis B eine Forderung von 60.525 EUR, auf das Darlehensverhältnis C eine Forderung von 80.722 EUR, auf das Darlehensverhältnis C eine Forderung von 44.923 EUR und auf das Darlehensverhältnis A eine Forderung von 58.070 EUR entfallen.

Soweit die Beklagte hilfsweise widerklagend Gegenansprüche geltend gemacht hat, hat die Klägerin hilfsweise die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Nutzungsentschädigung für die Zeit zwischen Ausreichung der Darlehensvaluten und der Rückabwicklung der Darlehensverhältnisse erklärt (vgl. Schriftsatz vom 16.1.2015, Seite 14 ff., Bl. 96 ff.).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die deutschen Gerichte für den Rechtsstreit international zuständig seien, da sie einen "vertraglichen Anspruch" im Sinne des Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO a.F. gegen die Beklagte geltend mache.

Die Klägerin hatte zunächst Klage vor dem Landgericht Stuttgart erhoben. Gegenstand der Klage waren - neben den streitgegenständlichen Ansprüchen - noch weitere Rückgriffsansprüche der Klägerin wegen anderen Darlehensverhältnissen. Das Landgericht Stuttgart hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 15.6.2015 bezüglich der hier streitgegenständlichen Ansprüche abgetrennt, sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das "inter...

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