Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des gemäß § 3 BuchPrG maßgeblichen Ladenpreises
Normenkette
BuchPrG §§ 3, 5 Abs. 1; HGB § 346; VerlG § 21
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 11.10.2022; Aktenzeichen 11 O 73/21) |
Tenor
1. Im Buch- und Musiknotenhandel hat sich ein Handelsbrauch im Sinne § 346 HGB dahingehend entwickelt, dass die von den Verlagen festgesetzten Preise branchentypisch im Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) veröffentlicht werden und damit als festgesetzte Preise im Sinne des § 3 BuchPrG gelten.
2. Ein Buch- oder Musiknotenhändler ist an diesen Handelsbrauch jedenfalls dann gebunden, wenn der betreffende Verlag selbst das Verzeichnis lieferbarer Bücher nutzt.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 11.10.2022 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Versäumnisurteil des Landgerichts Wiesbaden vom 8.2.2022 aufrechterhalten wird.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 11.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Unterlassungsansprüche wegen eines seitens der Kläger behaupteten Verstoßes des Beklagten gegen das BuchPrG.
Der Beklagte firmiert als Musikhaus und verkauft u.a. über Amazon Musiklehrbücher und Notenhefte. Er kaufte im Jahr 2014 11 Exemplare des Buchs "Titel1", 1. Auflage, mit Audio CD vom X Verlag, Erscheinungsdatum 2008.
Im Jahr 2015 gab der Beklagte wegen des Verstoßes gegen das BuchPrG durch Verkauf von Musiknoten zu einem höheren Preis als dem festgesetzten gebundenen Ladenpreis gegenüber den Klägern eine strafbewehrte Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen ab, deren Höhe er in das Ermessen des Gerichts setzte (Anlage K 7). 2019 wurde der Beklagte vom Landgericht München wegen eines weiteren Verstoßes gegen § 3 BuchPrG verurteilt (Bl. 77ff).
Die Kläger kauften im Mai 2021 eine Ausgabe des Buches "Titel1", 1. Auflage, mit Audio CD beim Beklagten zum Preis von 12,95 EUR. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Buch mit Audio CD auf der Homepage des Verlages mit einem Preis von 12,95 EUR ausgewiesen (Anlage BB 1). Das Verzeichnis lieferbarer Bücher (i.F.: VLB) gab für das streitgegenständliche Buch einen Preis von 9,95 EUR an (Anlage K 5).
Im Übrigen werden die tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils gem. § 540 Abs. 1 ZPO in Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung wie folgt ausgeführt:
Der Unterlassungsanspruch sei begründet. Der Beklagte habe gegen § 3 BuchPrG verstoßen. Er habe das streitgegenständliche Buch zu einem höheren als dem festgesetzten gebundenen Ladenpreis verkauft. Das Bestreiten des Verkaufs am 18.05.2021 sei nach den weiteren Ausführungen des Klägers unsubstantiiert.
Der gebundene Ladenpreis ergebe sich bei Verlagen, die - wie hier - das VLB als Referenzdatenbank nutzten, aus dem VLB. Das VLB enthalte keine Änderung für das streitgegenständliche Buch gegenüber dem ursprünglich eingetragenen Preis von 9,95 EUR. Allein die Auszeichnung eines Buches zu einem anderen Preis durch den Verlag und/oder der Verkauf zu anderen Konditionen führe nicht zur Aufhebung der Buchpreisbindung. Gegenüber dem Buchhändler komme es allein darauf an, zu welchem Preis das Produkt in dem VLB angeboten werde.
Der Kläger könne auch eine Vertragsstrafe i.H.v. 1.500 EUR verlangen, da der Beklagte gegen die Unterlassungserklärung vom 14.12.2015 verstoßen habe. Angesichts der durchschnittlichen Schwere des Verstoßes sei ein Betrag von 1.500 EUR angemessen.
Schließlich könne der Kläger Aufwendungsersatz gemäß § 9 Abs. 3 BuchPrG verlangen. Dieser sei entsprechend der Entscheidung des Senats (Az. 11 U 72/07) angemessen mit 175 EUR netto zuzüglich Umsatzsteuer bemessen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, die er wie folgt begründet:
Das Landgericht habe sich nicht mit seinen Ausführungen auseinandergesetzt, wonach für die Feststellung des gebundenen Ladenpreises nicht allein die Angabe im VLB entscheidend sei. Es seien vielmehr die Verlage selbst, die für die Festlegung des verbindlichen Verkaufspreises zuständig seien. Insoweit habe er auch erstinstanzlich auf entsprechende Kommentierungen verwiesen. Das Landgericht habe hingegen allein den von den Prozessbevollmächtigten des Klägers herausgegebenen Kommentar zum BuchPrG verwendet.
Die Festlegung des Verlages sei hier auch maßgeblich, da es kurze Zeit vor dem streitgegenständlichen Testkauf für das hier streitgegenständliche Buch zu einem Ausgabenwechsel gekommen sei. Statt einer physischen CD werde nunmehr ein Downloadlink mit dem Buch angeboten. Damit sei eine Preisreduzierung von vormals 12,95 EUR auf 9,95 EUR für das Buch mit dem Link verbunden gewesen, die der Verlag selbst festgelegt habe. Hierauf werde die Berufung maßgeblich gestützt. Da diese Informationen erst kürzlich eingegangen se...