Leitsatz (amtlich)
Ist die Werkleistung abgenommen, muss der Auftraggeber zu schlüssigen Begründung seines Vertragsstrafenanspruchs vortragen, sich die Vertragsstrafe rechtzeitig vorbehalten zu haben (Anschluss an BGH BauR 1977, 280).
Normenkette
VOB/B § 11 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.07.2004; Aktenzeichen 2-5 O 590/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.7.2004 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin hat auf der Grundlage eines die VOB/B einbeziehenden Vertrages als Subunternehmerin der Beklagten Aufzugsanlagen erstellt und montiert. Sie nimmt die Beklagte auf Zahlung eines - in der Berufungsinstanz auch betragsmäßig - unstreitigen Restwerklohns in Anspruch. Die Beklagte hat gegen diesen Anspruch mit einer Vertragsstrafe aufgerechnet. Der Streit zwischen den Parteien beschränkt sich auf die Frage, ob der Beklagten die Vertragsstrafenforderung zusteht.
Zur Darstellung der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Es fehle unstreitig am nach § 11 Nr. 4 VOB/B erforderlichen Vorbehalt der Vertragsstrafe bei der Abnahme, wann immer diese erfolgt sei. Außerdem sei es angesichts der erheblichen Leistungsänderungen treuwidrig, die Klägerin an der Vertragsstrafenabrede festzuhalten.
Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung, sie habe am 8.5.2002 die klägerische Leistung nicht im Rechtssinne abgenommen. Die im Verhandlungsprotokoll unter Nr. 9 vereinbarte förmliche Abnahme habe nie stattgefunden. Außerdem habe sie vor dem LG bereits mündlich vorgetragen, dass ausweislich ihrer Nachunternehmerbedingungen die Vertragsstrafe bis zur Schlusszahlung abgerechnet werden könne. Der Abzug der Vertragsstrafe sei aus den in der Klageerwiderung ausgeführten Gründen nicht treuwidrig, dies insb. nicht unter Berücksichtigung der handschriftlichen Formulierungen im Verhandlungsprotokoll.
Die Beklagte beantragt, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, die Beklagte habe die Abnahme am 8.5.2002 gestanden, diese sei einvernehmlich formlos erfolgt. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthielten keine Regelung zur Möglichkeit eines späteren Vorbehalts der Vertragsstrafe. Außerdem sei die Vertragsstrafenklausel nach dem AGBG unwirksam und wegen vielfältiger, der Beklagten zuzurechnender Bauverzögerungen hinfällig; jedenfalls fehle es am Verzug der Klägerin.
Die Beklagte hat in der Berufungsverhandlung drei Mahnschreiben vom 19.3., 14.5. und 23.5.2002 (Bl. 241 ff. d.A.) sowie die nach ihrer Darstellung dem streitgegenständlichen Vertrag zugrunde gelegten Nachunternehmerbedingungen "NU 99" (Bl. 244 ff. d.A.) vorgelegt. Den Zugang des Mahnschreibens vom 14.5.2005 hat die Klägerin bestritten.
II. Das Rechtsmittel der Beklagten hat keinen Erfolg.
A. Die Berufung ist zulässig.
1. Sie konnte per Telefax begründet, das "Original" musste nicht nachgesandt werden (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 130 Rz. 18). Dass die Beklagte entgegen § 133 ZPO keine Doppel für die Klägerin mit übersandt hatte, hat lediglich nachteilige Kostenfolgen für die Beklagte (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 133 Rz. 3).
2. Für die Zulässigkeit der Berufung überhaupt reicht es aus, dass einige Rügen nachvollziehbar ausgeführt sind. Die Vielzahl der ein Verständnis teilweise verunmöglichenden Schreibfehler in der Berufungsbegründung ändert daran nichts.
B. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
1. Die Berechtigung der streitgegenständlichen Werklohnforderung war von Beginn des Rechtsstreits an im Wesentlichen außer Streit, dies zu Recht. Die Forderung ist nunmehr betragsmäßig unstreitig. Ebenso unstreitig war in erster Instanz, dass die Beklagte die Leistungen der Klägerin abgenommen hat, streitig war allein der Zeitpunkt. Hieran ist die Beklagte in der Berufungsinstanz gebunden (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Von der Vereinbarung zur förmlichen Abnahme konnten die Parteien einvernehmlich abrücken und statt dessen stillschweigend abnehmen (BGH BauR 1977, 344 ff.), etwa dadurch, dass die Klägerin ihre Schlussrechnung übersandte und die Beklagte keine Abnahmeverhandlung verlangte.
2. Die Klageforderung ist nicht durch Aufrechnung mit einem Vertragsstrafenanspruch der Beklagten erloschen. Ein derartiger Anspruch stand der Beklagten nicht zu.
a) Dies ergibt sich - wie bereits das LG zutreffend ausgeführt hat - daraus, dass ein nach § 11 Nr. 4 VOB/B erforderlicher Vorbehalt der Vertragsstrafe bei der Abnahme nicht festzuste...