Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Prämienzahlungen auf Versicherungsverträge von fiktiven Personen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Reicht ein Versicherungsvertreter Versicherungsanträge von fiktiven Personen als Versicherungsnehmer ein, die die Versicherung policiert, so kann er die von ihm sodann darauf gezahlten Prämien auch dann nicht aus § 812 Abs. 1 BGB zurückverlangen, wenn die Versicherung die für die Verträge an ihn geleisteten Provisionen rückbelastet. Rechtsgrund für die Prämienzahlungen ist § 179 Abs. 1 BGB.

2. Ein Anspruch auf Rückzahlung von Prämien wegen fehlendem Rechtsgrund und ein Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufwertes nach Kündigung eines Versicherungsvertrages bilden verschiedene Streitgegenstände.

 

Normenkette

BGB § 812 Abs. 1, § 179 Abs. 1; VVG § 169

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.06.2015; Aktenzeichen 14 O 1/15)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 23.6.2015 verkündete Urteil des LG Frankfurt, 14. Zivilkammer, wird zurückgewiesen. Das Urteil des LG wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung an die Beklagte geleisteter Versicherungsbeiträge auf Lebensversicherungen in Höhe von 51.970,50 Euro in Anspruch. Der Kläger hat solche etwaigen Ansprüche an seine frühere Arbeitgeberin, die Fa. A, abgetreten, und ist von dieser zur Geltendmachung ermächtigt (Vergleichsvereinbarung Anlage 1 Ziff. 5).

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird zunächst auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Dieser ist zum Ablauf des erstinstanzlichen Verfahrens wie folgt zu ergänzen:

Der Kläger hat zunächst einen am 5.12.2013 erlassenen Mahnbescheid gegen die B AG erwirkt. Nach am 20.12.2013 eingegangenem Widerspruch ist das Verfahren am 23.12.2014 an das LG Frankfurt abgesandt worden. Mit der Klagebegründung vom "19.12.2014" hat der Kläger erklärt, das Rubrum sei dahin zu berichtigen, dass die B a. G., verklagt werde. Die Klagebegründung wurde jedoch der B AG zugestellt. Mit Schriftsatz vom 4.2.2015 hat sich Rechtsanwalt C zur Akte gemeldet und mitgeteilt, dass er "die Beklagte" vertrete. In der Begründung des Klageabweisungsantrages vom 27.2.2015 hat der Beklagtenvertreter ausgeführt, dass ein Handelsvertretervertrag nur zwischen der Firma A und der B a. G. bestanden habe und die B AG eine Sachversicherungsgesellschaft sei. Zur Sache hat er u.a. vorgetragen, dass die Lebensversicherungsgesellschaft die über die Fa. A eingereichten Anträge auf Lebensversicherungen angenommen, Policen ausgestellt und die vereinbarte Vermittlungsprovision bezahlt habe. Er hat die Auffassung vertreten, die Klage sei wegen § 814 BGB unbegründet und hilfsweise die Einrede der Verjährung erhoben.

Zum Sachvortrag der Parteien ist zu ergänzen:

Entgegen der Darstellung im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sind nicht sämtliche Verträge unter dem Namen von nicht existierenden Personen abgeschlossen worden. Mindestens fünf Verträge der hier insgesamt betroffenen 38 Verträge, die in den Jahren 2009 bis 2011 abgeschlossen worden sind, sind auf Familienangehörige des Klägers (D, E und F Nachname1: zusammen 10.508,16 EUR) abgeschlossen worden (Bl. 14 d.A. mit Anlage 2).

Entgegen der Darstellung im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ist es unstreitig geblieben, dass der Kläger die Beiträge zu den Versicherungsverträgen aus eigenen Mitteln bezahlt hat. Die Beklagte wurde darauf aufmerksam, weil die Beiträge zu den verschiedenen Verträgen alle vom Konto des Klägers geleistet wurden.

Die Beklagte hat am 15.11.2011 die Fa. A von dem ermittelten Tatbestand unterrichtet und ihr in der Folgezeit die gezahlten Provisionen rückbelastet. Der Kläger wurde in einem Gespräch am 13.12.2011 von der Fa. A über die ermittelten "Scheinverträge" unterrichtet und sein Dienstverhältnis an diesem Tag gekündigt. Er hat danach auf die Verträge keine Prämien mehr bezahlt.

Das LG hat die Klage nach Anhörung des Klägers als zuletzt gegen die B a. G. erhoben behandelt und die Klage abgewiesen. Der Parteiwechsel sei als sachdienlich zu zulassen. In der Sache sei die Klage unbegründet, weil dem Anspruch des Klägers aus § 812 BGB wegen der "zum Schein abgeschlossenen Verträge" die Kenntnis der Nichtschuld im Sinne von § 814 BGB entgegenstehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Er vertritt die Auffassung, dass § 814 BGB hier nicht zur Anwendung komme.

Zum einen, so trägt er wiederholt vor, sei es ihm nur um eine vorübergehende Kreditierung gegangen. Es se...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?