Entscheidungsstichwort (Thema)
Trennungsunterhalt: Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen beim Gesamtschuldnerausgleich getrennt lebender Ehegatten. Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wegen Beziehung zu einem neuen Partner
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen beim Gesamtschuldnerausgleich von getrennt lebenden Eheleuten nach § 426 BGB.
2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Unterhaltsanspruch verwirkt sein kann.
Normenkette
BGB §§ 426, 1361, 1579, 426 Abs. 1, § 1579 Nrn. 6-7, § 1361 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Kassel (Urteil vom 08.12.2004; Aktenzeichen 6 O 2539/03) |
Gründe
I. Die Parteien sind getrenntlebende Eheleute, die um Gesamtschuldnerausgleich für Belastungen im Zusammenhang mit dem ihnen zu gleichen ideellen Anteilen gehörenden Hausgrundstücks ... in O1 streiten.
Im August 2001 trennten sich die Parteien. Die Beklagte zog aus dem zuvor gemeinsam bewohnten Objekt in O1 aus, das seither vom Kläger allein genutzt wird. Das anhängige Scheidungsverfahren ist wegen der noch offenen Scheidungsfolgesachen bisher nicht abgeschlossen.
Unter dem 16.8.2001 wandte sich die damalige anwaltliche Vertreterin des Klägers an die Beklagte und teilte ihr mit, dass dann, wenn der Kläger den Hausabtrag allein trage, sich kein weiterer Unterhaltsanspruch der Beklagten ergebe. Wenn sich die Beklagte zur Hälfte an der Finanzierung des Hauses beteilige, verbleibe zwar rechnerisch ein Unterhaltsanspruch, dieser sei indes verwirkt.
Daraufhin ließ die Beklagte am 6.9.2001 durch ihre Prozessbevollmächtigte geltend machen, dass sie Unterhaltsansprüche für die gemeinsamen Kinder der Eheleute und für sich prüfe. Dazu verlangte sie Auskunft über das Einkommen und die Belastungen des Klägers. Der Kläger erteilte Auskünfte, die von der Beklagten mit Schreiben vom 25.9.2001 dahin ausgewertet wurden, dass rückwirkend ab Juli 2001 monatlicher Unterhalt von 741,28 DM geschuldet sei, wobei Zinsen und Tilgung für das Haus, Gebäudeversicherung, Grundsteuer pp. als abzugsfähige Belastungen in Ansatz gebracht wurden.
In der Folgezeit führten die Parteien Rechtsstreitigkeiten über den Kindesunterhalt, bei dessen Berechnung zugunsten jeweils die Hauskosten in Abzug gebracht wurden. Im Anschluss an eine mündliche Verhandlung vor dem FamG stellte die Beklagte mit einem Schreiben vom 10.12.2002 klar, dass sie nur deswegen Ehegattenunterhalt nur deswegen nicht einfordere, weil die Hausbelastungen durch den Kläger getragen würden und kündigte an, Unterhaltsansprüche geltend zu machen, falls der Kläger Gesamtschulderinnenausgleich begehre.
Wegen Nichtzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen durch den Kläger an die finanzierende Bank befindet sich das gemeinsame Hausgrundstück zwischenzeitlich in der Zwangsversteigerung.
Der Kläger hat behauptet, er habe im Zeitraum vom 1.8.2001 bis 15.9.2001 für Gebäudeversicherung, Tilgungsleistungen, Grundsteuer, Kontoausgleich und Zinsen einen Betrag von 24.717,90 EUR aufgebracht, den die Beklagte nunmehr als Gesamtschuldnerin im Innenverhältnis hälftig, mithin mit einem Betrag von 12.359,95 EUR ausgleichen müsse. Die Beklagte könne nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass die Belastungen bei der Ermittlung des Getrenntlebendenunterhalts berücksichtigt worden seien. Die Beklagte habe nämlich keinen Unterhaltsanspruch gegen ihn. Weder sei er leistungsfähig, noch sei die Beklagte bedürftig. Insbesondere müsse sie sich für Haushaltsführung bei ihrem gegenwärtigen Lebensgefährten einen Betrag von monatlich 300 EUR anrechnen lassen. Insgesamt aber seien jegliche Unterhaltsansprüche der Beklagten gem. § 1576 Nr. 6 und 7 BGB ausgeschlossen, weil diese noch während bestehender Ehe ein ehewidriges Verhältnis mit ihrem jetzigen Lebensgefährten, mit dem sie zwischenzeitlich auch in Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft lebe, begonnen habe. Sie habe während der bestehenden Ehe Monate vor der Trennung die Ehe gebrochen, ohne es dem Kläger zu offenbaren. Dies habe sie auch ggü. der früheren Verfahrensbevollmächtigten des Klägers im August 2001 zugegeben.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.359,95 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.9.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger in den Monaten August und September 2003 Zahlungen an die A erbracht und im September 2003 die Grundsteuern sowie insgesamt die Gebäudeversicherung bezahlt habe. Erstattung für Überziehungszinsen auf dem eigenen Konto könne der Kläger schon aus Rechtsgründen nicht verlangen.
Insgesamt bestehe kein Anspruch auf Gesamtschuldnerinnenausgleich, weil sie im Hinblick auf die durch den Kläger zu tragenden Belastungen die Geltendmachung von Ehegatten- und Trennungsunterhalt nicht weiter betrieben habe. Eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Zeugen Z1 bestehe erst seit dem 1.7.2002. Eine Liebesbeziehung zu diesem sei erst nach erfolgter Trennung der Parteien aufgenommen worden. Im Übrigen se...