Entscheidungsstichwort (Thema)
Sittenwidrig überhöhter Kaufpreis beim Kauf eines Sportpferdes
Leitsatz (amtlich)
Zum besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung beim Kauf eines Sportpferdes.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 09.11.2015; Aktenzeichen 19 O 349/13) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.11.2015 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer - Einzelrichterin - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.09.2013 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 60.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien machen wechselseitig Ansprüche aus einem Kaufvertrag über das Sportpferd "X" geltend.
Der Kläger ist Beruf1, seine Tochter übt in ihrer Freizeit den Springreitsport aus. Der Beklagte war früher Springreiter und unterhält einen Reitstall mit Reithalle sowie einer Außenspringanlage, wobei er bis zu 6 Pferde gleichzeitig hält. Außerdem handelt er mit Pferdetransportern. Ob er auch gewerbsmäßig mit Pferden handelt, ist zwischen den Parteien streitig. Im Jahr 2008 hatte der Beklagte dem Kläger das Pferd "Z" für dessen Tochter verkauft, das zuvor vom Sohn des Beklagten, einem erfolgreichen Springreiter, trainiert worden war.
Mit Vertrag vom 01.08.2013 verkaufte der Beklagte dem Kläger das zu diesem Zeitpunkt sechsjährige Deutsche Reitpferd "X", Lebensnummer ... für einen Kaufpreis von 60.000,00 EUR. Auf die handschriftliche Vereinbarung (Bl. 29 d. A.) wird Bezug genommen. Am gleichen Tag übergab der Kläger dem Beklagten vereinbarungsgemäß eine Anzahlung von 40.000,00 EUR. Der Beklagte übergab dem Kläger den Pferdepass des streitgegenständlichen Pferdes, wegen dessen Inhalt - insbesondere hinsichtlich der Abstammung - auf Bl. 57 ff. d. A. Bezug genommen wird. "X" verblieb vereinbarungsgemäß im Stall des Beklagten und wurde dort zunächst von der Tochter des Klägers geritten.
Der Beklagte hatte "X" selbst im Januar 2013 von A gekauft, wobei der vom Beklagten gezahlte Kaufpreis streitig ist.
Am 09.08.2013 wurde "X" im Stall des Beklagten von der Tierärztin B untersucht, die eine Lahmheit feststellte (Untersuchungsprotokoll Bl. 190 ff. d. A.). Am 12.08.2013 erfolgte eine weitere Untersuchung durch den Tierarzt C, bei der dieser röntgenologisch an den Hinterbeinen des Pferdes jeweils einen Chip, also einen freien Gelenkskörper, sowie geringe Sehenscheidengallen an allen vier Beinen und eine geringe Mauke an beiden Vorderbeinen feststellte, das Pferd aber insgesamt als sporttauglich beurteilte (Anlage B 2, Bl. 30 ff. d. A.).
Mit Schreiben vom 28.08.2013 (Bl. 7 d. A.) forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 09.09.2013 zur Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von 40.000,00 EUR auf, weil der vereinbarte Kaufpreis völlig überzogen sei und das Pferd einen Sachmangel aufweise. Im Lauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und dessen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt.
Der Kläger hat behauptet, seine Tochter habe dem Beklagten gegenüber deutlich gemacht, dass ein Kauf des Pferdes von einer erfolgreichen tierärztlichen Ankaufsuntersuchung abhängig gemachte werde, womit der Beklagte einverstanden gewesen sei. Dieses habe der Kläger in einem Telefongespräch mit dem Beklagten auch noch einmal wiederholt. Deswegen sei zunächst nur eine Anzahlung von 40.000,00 EUR geleistet worden. Der Beklagte habe gegenüber der Tochter des Klägers erklärt, er selbst habe das Pferd für 55.000,00 EUR erworben. Nachdem der Tochter des Klägers eine Narbe an einem der hinteren Gliedmaßen aufgefallen sei, habe sie sich mit der aus dem Pferdepass ersichtlichen Vorbesitzerin des Pferdes in Verbindung gesetzt und von dieser erfahren, dass sie das Pferd für nur 4.700,00 EUR verkauft habe. Das Pferd habe zum Zeitpunkt des Kaufs durch den Kläger allenfalls einen Verkehrswert von 5.000,00 - 8.000,00 EUR gehabt.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 40.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.09.2013 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
sowie widerklagend
den Kläger zu verurteilen, an ihn 20.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02.09.2013 zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe des Turnierpferdes "X", Lebensnummer ... sowie weitere vorgerichtliche Nebenkosten in Höhe v...