Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsverwaltungsverfahren: Klagbarer Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegen den Zwangsverwalter; Ausnahmetatbestand für einklagbares Recht

 

Leitsatz (amtlich)

Die dem Zwangsverwalter ggü. dem Gläubiger und Schuldner nach § 154 Abs. 1 ZVG bestehende Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht begründet wegen § 154 Abs. 3 ZVG keinen unmittelbaren klagbaren Anspruch von Gläubiger und Schuldner. Vielmehr besteht ein einklagbares Recht als ultiman ratio nur dann, wenn die Möglichkeiten des Vollstreckungsgerichts, den Zwangsverwalter zu einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung zu veranlassen, ohne Erfolg bleiben.

 

Normenkette

ZVG § 154 S. 1; BGB § 259 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.08.2009)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3.8.2009 verkündete Teilurteil der 25. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. unter Aufrechterhaltung der Abweisung der Widerklage abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben der Kläger 85 % und der Beklagte zu 1) 15 % zu tragen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) sowie von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) zu 75 % zu tragen. Der Beklagte zu 1) trägt seine übrigen außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt jeweils nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht mit der Stufenklage gegen die Beklagten einen Anspruch auf Auskunft und Abrechnung über von den Beklagten als Zwangsverwalter vereinnahmte Mieten geltend. Der Beklagte zu 1) und Widerkläger begehrt als Zwangsverwalter von dem Kläger die Zahlung von Verwaltervergütungen.

Der Kläger erwarb im Mai 2007 von der X AG im Zuge eines Forderungskaufvertrags mit Grundschuldabtretung sämtliche Mietforderungen gegen die Mieter der Immobilien ... in Stadt1 ab dem 1.6.2007. Die Immobilienobjekte unterlagen zu diesem Zeitpunkt der Zwangsverwaltung, über die insgesamt 14 Zwangsverwaltungsverfahren bei dem AG Offenbach am Main als Vollstreckungsgericht mit den Aktenzeichen 7 L 160 - 7 L 173/04 geführt werden. Der Beklagte zu 1) ist in diesen Verfahren vom AG Offenbach als Zwangsverwalter bestellt worden. Bis zum 31.5.2009 war der Beklagte zu 2) neben dem Beklagten zu 1) geschäftsführender Gesellschafter der E GbR und zusammen mit dem Beklagten zu 1) Mitglied einer Rechtsanwaltssozietät. Im Zusammenhang mit der Zwangsverwaltung trat ggü. der Kläger bzw. seinem Bevollmächtigten ausschließlich der Beklagte zu 2), jeweils handelnd für den Beklagten zu 1), auf. Auch ggü. dem AG Offenbach am Main als Vollstreckungsgericht wurden die Zwangsverwaltungen fast ausschließlich durch den Beklagten zu 2) als Sozius des ursprünglich bestellten Zwangsverwalters, des Beklagten zu 1), abgewickelt.

Die Vergütungsansprüche des Beklagten zu 1) für seine Tätigkeit als Zwangsverwalter im Zeitraum vom 16.12.2005 bis 15.12.2006 setzte das AG Offenbach am Main durch rechtskräftige Beschlüsse auf insgesamt 10.233,61 EUR fest. Bezüglich der Zusammensetzung dieses Betrags wird auf Bl. 55 d.A. verwiesen. Die Vergütung konnte mangels Deckung auf den Anderkonten und dem Sammelkonto aus der Masse bislang nicht ausgeglichen werden. Nunmehr macht der Beklagte zu 1) diese Vergütungsansprüche mit der erhobenen Widerklage gegen den Kläger geltend.

Durch Beschluss des AG Offenbach am Main vom 8.10.2007 wurde die Zwangsverwaltung der streitgegenständlichen Immobilie aufgehoben. Die Mietzahlungen der Mieter der der Zwangsverwaltung unterliegenden Objekte erfolgten bis einschließlich Oktober 2007 an den Zwangsverwalter. Mit Schreiben von 11.10.2007 und 23.11.2007 forderte der Kläger die Beklagten auf, eine Zwangsverwaltungsabrechnung vorzulegen und die vorhandene Liquidität an den Kläger zu überweisen. Mit Schreiben vom 17.12.2007 wies der Kläger die Beklagten darauf hin, dass er mehrfach um Abrechnung und Überweisung gebeten habe, und forderte die Beklagte auf, die in der Zeit von Juni bis Oktober 2007 als Zwangsverwalter vereinnahmten Mieten bis 15.1.2008 ggü. dem Kläger abzurechnen. Am 23.12.2008, nach Zustellung der vorliegenden Klageschrift (5.2.2008) ging beim AG Offenbach am Main der für alle 14 Zwangsverwaltungsverfahren gemeinsam verfasste Schlussbericht des Beklagten zu 1) vom 22.12.2008 ein. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Berichts wird auf Bl. 57 bis 68 d.A. verwiesen. Das AG Offenbach am Main als Vollstreckungsgericht hat den vorgelegten Bericht gem. Schreiben vom 10.2.2009 als nicht nachvollziehbar angesehen und den Beklagten zu 1) dringend zur Überprüfung bzw. Erläuterung der Abrechnung aufgefordert. Daraufhin reichte der Beklagte zu 1) eine ergän...

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