Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.06.1995; Aktenzeichen 2-10 O 312/94) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 10. Zivilkammer – vom 20. Juni 1995 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 46.094,59 DM nebst 4% Zinsen seit dem 11. Oktober 1993 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte. 9/10 und der Kläger 1/10 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert die Beklagte mit 57.837,47 DM und den Kläger mit 7.137,62 DM.
Der Streitwert beträgt in beiden Rechtszügen 64.975,09 DM.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat im ausgesprochenen Umfang Erfolg. Der Kläger ist prozessführungsbefugt (1.) und seine Klage im wesentlichen begründet (2.). Die Widerklage ist unbegründet (3.).
1.
Der Kläger ist befugt, allen Wohnungseigentümern gemeinsam zustehende Ansprüche geltend zu machen. Die vom Bundesgerichtshof für eine offene gewillkürte, aktive Prozessstandschaft geforderten Voraussetzungen (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Auflage, Rn 42 ff, Vor § 50) sind gegeben: Die Wohnungseigentümer haben ihn durch Beschluss vom 31. Mai 1994 zur Prozessführung in ihrem Namen ermächtigt. Da er im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung selbst einer der Wohnungseigentümer war (siehe Wohnungsgrundbuch von Frankfurt am Main, Bezirk 34, Band 187, Blatt 6641), hat er auch ein rechtliches Interesse an der Geltendmachung dieser Ansprüche. Die Beklagte hat demgegenüber keine schutzwürdigen Interessen dafür vorgetragen, dass sie dadurch, dass der Kläger allein und nicht alle Wohnungseigentümer die Klage führen, benachteiligt ist. Im Gegenteil hat sie auch ihre Widerklage gegen den Kläger allein gerichtet.
2.
Die Wohnungseigentümer haben Anspruch auf Ersatz der Kosten, die erforderlich waren, die von der Beklagten nicht erbrachte Leistung durch einen Dritten ausführen zu lassen (§ 8 Nr. 3 Absatz 2 VOB/B). Dem Vertragsverhältnis lag die Verdingungsordnung für Bauleistungen als Ganze zu Grunde. Die Wohnungseigentümer haben zu Recht gemäß § 8 Nr. 3 Absatz 1 in Verbindung mit § 5 Nr. 4 VOB/B gekündigt, weil die Beklagte die Arbeit nicht aufgenommen hat, wozu sie verpflichtet war (2.1.). Von den entstandenen zusätzlichen Aufwendungen sind jedoch die „Sowieso”-Kosten abzusetzen (2.2.).
2.1.
Die Beklagte hat trotz mehrfacher Fristsetzung nicht mit der Ausführung der Fassadenarbeiten begonnen. Dies war vertragswidrig, weil sie zur Ausführung verpflichtet war.
2.1.1.
Der Vertrag war weder auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet, mit der Folge, dass er nichtig gewesen wäre (§ 306 BGB), noch ist die Beklagte von ihrer vertraglichen Verpflichtung frei geworden, weil die Ausführung nachträglich unmöglich geworden war (§ 275 Abs. 1 BGB).
Unmöglichkeit ist gleichbedeutend mit genereller Unerfüllbarkeit (Palandt-Heinrichs, 59. Auflage, Rn 4 zu § 275 BGB). Eine solche lag nicht vor. Das ergibt sich schon daraus, dass die Fassadenverkleidung inzwischen hergestellt ist. Die Ausführung der Unterkonstruktion für die ArGe-Tonfassade war auch nach Vorlage der Statik nicht undurchführbar geworden. Zwar hat der Sachverständige dies in seinem „Fazit” auf Seite 11 des schriftlichen Gutachtens bejaht. Dieser Beurteilung vermag der Senat jedoch nicht zu folgen, weil aus den vom Sachverständigen gegebenen Begründungen eine generelle Undurchführbarkeit nicht ableitbar ist. Seine Begründungen ergeben vielmehr eine Durchführbarkeit bei ergänzten Detailangaben, wie er sie unter „E” und „F” vermisst. Die Werkleistung hätte, ggfs. unter Anforderung weiterer genauer Anweisungen, erbracht werden können. Die fehlenden Angaben zur Lochung, zum Profilstoß, zur Legierung der Aluminiumprofile, zur Abstimmung zwischen Löchern und Dübeln und eine Darstellung im Schnitt hätte die Beklagte, wenn sie sie für erforderlich gehalten hätte, bei Arbeitsbeginn vom Architekten anfordern können und müssen. Ihr Fehlen vermag eine Unerfüllbarkeit der vertraglichen Ausführungspflicht nicht zu begründen.
2.1.2.
Die Verweigerung der Vertragsdurchführung war auch nicht durch ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 Abs. 1 BGB) gerechtfertigt. Die Beklagte hatte keinen fälligen Gegenanspruch gegen die Wohnungseigentümer.
Ein solcher ergab sich nicht daraus, dass sie im Schreiben vom 29. April 1992 entsprechend § 4 Nr. 3 VOB/B auf fachliche Bedenken gegen die Art der Ausführung hingewiesen hat. Ob dieser Hinweis auf die nach den Regeln der Technik selbstverständliche Beweglichkeit der Anordnung der Unterkonstruktion erforderlich war, kann dahinstehen. Da der Architekt der Wohnungseigentümer mit Schreiben vom 5. Juni 1992 diese Anregung aufnahm und eine entsprechende Ausführungsanweisung erteilte, war die Beklagte von allen eventuellen Haftungsfolgen befreit. Sicheren Auges Mängel oder Schäden herbeizuführen, wurde von ihr nicht verlangt. Die Geltendmachung jener Bedenken entband sie nicht von der Leistungsverpflichtung.
Di...