Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadenersatz für Aktionär wegen falscher Sekundärmarktinformation (Ad-Hoc-Mitteilung)
Normenkette
AktG § 400; BGB §§ 31, 826
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 22.12.2015; Aktenzeichen 2-31 O 392/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 22. Dezember 2015 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 104.185,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 51.071,17 EUR am 11. Oktober 2000, aus 77.452,42 EUR vom 12. Oktober 2000 bis zum 16. Oktober 2000, aus 104.185,42 EUR vom 17. Oktober 2000 bis 23. November 2004 und nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus 104.185,42 EUR seit dem 24. November 2004 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 22 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 78 % zu tragen. Von den Kosten der Nebenintervenienten haben der Kläger 22 % und die Nebenintervenienten 78 % selbst zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Wegen des Sachverhalts wird gem. § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main Bezug genommen. Diese werden lediglich zur besseren Verständlichkeit des Berufungsurteils wie folgt zusammengefasst.
Der Kläger macht gegen die Beklagten aus abgetretenem Recht Schäden aus Aktienkäufen geltend, die nach seinem Vortrag maßgeblich von den Ad-hoc-Mitteilungen (Sekundärmarktinformationen) der Beklagten zu 1) vom 23.03.2000 (Anlage K 34), 24.08.2000 (Anlage K 105) bzw. 09.10.2000 (Anlage K 118) beeinflusst worden seien.
Der Beklagte zu 2) war von Sommer 1997 bis Juli 2001 Vorstandsvorsitzender der damals unter A AG (folgend auch A genannt) firmierenden Beklagten zu 1). Der Nebenintervenient zu 2) (B) war von Sommer 1997 bis 31.10.1999 Finanzvorstand, danach bis zu seinem Ausscheiden am 03.12.2000 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Beklagten zu 1), zuständig u.a. für den Bereich Public and Investor Relations.
Die Beklagte zu 1) erwarb mit Kaufvertrag vom 18.02.2000 und Wirkung zum 21.03.2000 sämtliche Anteile an der "C". Mit Wirkung zum 12.05.2000 erwarb die Beklagte zu 1) insgesamt 100% an der "D.", womit sie indirekt 50% der Anteile an der "F", einer Holdinggesellschaft, die sämtliche Rechte an der E - Gruppe bündelte, erwarb. Mit der Firma G GmbH & Co. KG schloss die Beklagte zu 1) im Jahr 2000 einen Lizenzvertrag, wobei der schriftliche Vertrag erst nach dem 11.09.2000 unterzeichnet wurde.
Der Kurs der Aktie der Beklagten zu 1) lag am 30. Oktober 1997 (Börseneinführung) bei etwa 18,- EUR. Vom 03.01.2000 bis Anfang März 2000 stieg die Aktie und erreichte ihren Höchststand mit ca. 118,- EUR am 15.02.2000. Ab Mitte März 2000 sank der Börsenkurs kontinuierlich und lag am 25.08.2000 bei ca. EUR 55,- EUR, am 06.10.2000 bei ca. 59,- EUR und fiel im Verlauf des 09.10.2000 auf einen Schlusskurs von 39,74 EUR. In der Folgezeit sank der Börsenkurs bis zum 30.11.2000 auf rund 19,- EUR ab, ehe er nach einer von der Beklagten zu 1) am 01.12.2000 herausgegebenen Gewinnwarnung bis zum Ende des Jahres 2000 auf rund 5,50 EUR fiel (Anlage K 25).
Wegen zwei in der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.8.2000 enthaltenen Fehlinformationen sind der Beklagte zu 2) und der Nebenintervenient zu 2) rechtskräftig wegen unrichtiger Darstellung der Gesellschaftsverhältnisse gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG verurteilt worden (Urteil des LG München I vom 8.4.2003, Anlage K 67, bestätigt durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2004, Anlage K 218).
Der Zedent (Herr H) erwarb ab dem 09.10.2000 und sodann am 10.10.2000, 13.10.2000, 16.11.2000, 22.11.2000, 23.11.2000 und am 29.11.2000 insgesamt 9700 Aktien der Beklagten zu 1) und wendete dafür insgesamt 252.855,75 EUR auf. Am 01.12.2000 erfolgte eine Gewinnwarnung der Beklagten zu 1). Der Zedent gab am 04.12.2000 den Auftrag an seine Banken, sämtliche dieser Aktien zu verkaufen; ihm wurden dann letztlich insgesamt 120.021,93 EUR gutgeschrieben. Herr H hat seine Ersatzansprüche an den Kläger, seinen Neffen, abgetreten. Der Kläger hat von den Beklagten Ersatz der Kaufpreise für die erworbenen Aktien unter Abzug der o. g. Gutschrift, hilfsweise Ersatz des Kursdifferenzschadens verlangt.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 22.12.2015, auf das wegen der erstinstanzlichen Anträge Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergebe sich insbesondere nicht aus § 826 BGB . Hinsichtlich der Ad-hoc-Mitteilung vom 22.03.2000 könne jedenfalls nicht ...