Entscheidungsstichwort (Thema)
Streit um Übergabe einer neu errichteten Eigentumswohnung
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.03.2021; Aktenzeichen 2-31 O 8/20) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5.3.2021 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das angefochtene Urteil teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung Nr. ... des Wohngebäudes Haus 2 sowie die Tiefgaragenstellplätze Nr. ... und Nr. ... des Bauvorhabens Stadt1 Stadtteil1-..., Straße2 ... bis ... in Stadt1 sowie die dazugehörigen Schlüssel (Haus-, Wohnungs-, Tiefgaragen-, Briefkasten- und Kellerschlüssel) Zug um Zug gegen Abnahme des Sondereigentums durch die Klägerin zu übergeben.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 10.620 EUR nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.1.2020 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für jeden weiteren Monat ab August 2022 bis zum Ende des Verzuges mit der Übergabe der Wohnung jeweils 2.000 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin 10 % zu tragen, die Beklagte trägt 90 % der Kosten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jeder Partei bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Übergabe einer neu errichteten Eigentumswohnung, Straße2 ... in Stadt1, gemäß notariellem Bauträgervertrag vom 4.10.2017 sowie auf Schadensersatz wegen verzögerter Übergabe und Feststellung in Anspruch.
Die Beklagte macht im Wege einer zweitinstanzlichen Widerklage weitere Zahlungen aus dem Bauträgervertrag i.H.v. 79.380 EUR, Abnahme und Feststellung geltend.
Die Parteien schlossen am 4.10.2017 einen notariellen Bauträgervertrag zur Niederschrift des Notars A (Urkundenrolle Nr. ...) mit Verpflichtung der Beklagten zur Errichtung und Übereignung einer Eigentumswohnung Nr. ... im Haus 2 Straße2 ... in Stadt1/Stadtteil1 mit 2 TG-Stellplätzen auf einem Grundstück von 2.603 m2 Größe für insgesamt 945.000 EUR.
Termin der vereinbarten Fertigstellung war gemäß Z. 6.1 des Vertrages der 1.11.2018. Eine Verlängerung der Ausführungsfrist war dort unter anderem für Fälle der höheren Gewalt oder für den Verkäufer unabwendbarer Umstände vereinbart. Nach fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist von mindestens 2 Monaten sollte der Erwerberin demnach eine pauschalierte Entschädigung von 2.000 EUR monatlich zustehen.
Es war Ratenzahlung nach MaBV gemäß Z. 3.2.1 vereinbart, wobei die Rate f) i.H.v. 8,4 % nach Bezugsfertigkeit Zug um Zug gegen Besitzübergabe und die Rate g) i.H.v. 3,5 % nach vollständiger Fertigstellung zu zahlen war. Ein Sicherheitseinbehalt i.H.v. 5 % des Kaufpreises war gemäß Z. 3.2.3 vereinbart "für die rechtzeitige Herstellung ohne wesentliche Mängel". Dieser sollte durch eine qualifizierte Bankbürgschaft ablösbar sein.
Die beklagte Bauträgerin forderte die letzten beiden Raten von 11,9 % mit insgesamt 112.455 EUR sowie Mehrkosten von 1.904 EUR am 2.9.2019 erfolglos an. Zugleich zeigte sie die Bezugsfertigkeit an (Anl. K5, Bd. I, Bl. 124).
Bei einer Begehung der Wohnung am 21.10.2019 wurden Brandschutzmängel festgestellt, es erfolgte keine Übergabe an die Klägerin.
Die Klägerin hat geltend gemacht, § 6.2 des Bauträgervertrages mit einer Verpflichtung zur Abnahme vor Übergabe benachteilige den Erwerber unangemessen, weil er das Objekt nicht prüfen könne (Vorabnahmetermin 14 Tage vorher). Die Beklagte habe (zunächst) die erforderliche Sicherheit i.H.v. 47.250 EUR trotz Aufforderung nicht gestellt. Daher habe die Beklagte keinen Anspruch auf Ratenzahlung. Die Anforderung der Raten für Bezugsfertigkeit und Fertigstellung (zusammen 11,9 %) sowie von 1.904 EUR für Mehrkosten vom 2.9.2019 sei unberechtigt, weil die Wohnung am 21.10.2019 nicht bezugsfertig gewesen sei; zugleich habe die Beklagte eine Übergabe von der vollständigen Zahlung sämtlicher Raten abhängig gemacht (Zeugnis der klägerischen Prozessbevollmächtigten, bestätigt durch dessen Erklärung zu Protokoll 26.2.2021, Bd. II, Bl. 434). Die Klägerin habe wegen der Mängel ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht (Bl. 434). Die Beklagte sei seit 1.11.2018 in Verzug mit der Übergabe, so dass sie gemäß Bauträgervertrag eine pauschale Entschädigung von 30.000 EUR (15 × 2.000 EUR) schulde. Die Regelung in § 6.1 zum Erfordernis einer Nachfrist sei unwirksam. Sie sei intransparent. Und sie benachteilige die Klägerin unangemessen, weil der Leistungszeitpunkt bereits kalendarisch bestimmt gewesen sei (vgl. BGH vom 6.6.2013 - VII ZR 355/12). Sie sei auch deswegen unwirksam...