Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfallen der Bindungswirkung der Feststellung des Haftpflichtprozesses bei arglistiger Täuschung des Haftpflichtversicherers
Normenkette
BGB § 242; VVG §§ 119-120
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.06.2013; Aktenzeichen 2-18 O 572/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 18. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 14.6.2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger macht den Streitverkündeten für einen von ihm behaupteten Verkehrsunfall vom 28.5.2011 verantwortlich, bei dem der Streitverkündete mit seinem Fahrzeug, für das Herr M K bei der Beklagten eine Haftpflichtversicherung unterhielt, Schäden am Kraftfahrzeug des Klägers verursacht haben soll. Der Kläger hat gegen den Streitverkündeten ein Versäumnisurteil erwirkt und wegen der titulierten Forderung den Deckungsanspruch des Streitverkündeten aus dem Haftpflichtversicherungsverhältnis gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen.
Mit der Deckungsklage verlangt er von der Beklagten Ausgleich der im Versäumnisurteil titulierten Forderung und Vollstreckungskosten.
Die Beklagte lehnt die Deckung ab. Sie sei am Haftpflichtprozess nicht beteiligt worden, insbesondere habe der Versicherungsnehmer die Erhebung der Klage nicht angezeigt. Der Streitverkündete habe den Versicherungsfall entweder vorsätzlich herbeigeführt oder es handle sich um ein vorgetäuschtes Geschehen. Dafür führt die Beklagte eine Reihe ihrer Ansicht nach indizierende Umstände an.
Das LG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und danach die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, dass das Versäumnisurteil keine Bindungswirkung entfalte, weil es ohne Kenntnis und Mitwirkung der Beklagten ergangen sei, denn die Mitteilung des Klägers an die Beklagte vom 8.7.2011 reiche nicht aus, weil sich aus ihr weder das Gericht noch das Aktenzeichen ergebe. Der Streitverkündete habe auf Nachfrage der Beklagten nicht reagiert. Die Beklagte sei auch nicht deckungspflichtig, da ein Versicherungsfall nicht vorgelegen habe. § 117 Abs. 1 VVG greife hier nicht. Es sei durch das Gutachten nicht bewiesen, dass die Schäden am Klägerfahrzeug durch ein zusammenhängendes Unfallereignis entstanden seien.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Zur Begründung der Berufung führt der Kläger aus, dass seine Mitteilung vom 8.7.2011 ausreichend gewesen sei und dem Versäumnisurteil Bindungswirkung zukomme. Es sei daher auch unerheblich, dass das Gutachten Zweifel an der Verursachung der Schäden durch das Fahrzeug des Streitverkündeten dargelegt habe.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt ihren Einwand, dass der Unfallschaden jedenfalls vorsätzlich herbeigeführt worden sei oder es sich um ein vorgetäuschtes Geschehen handle.
II. Die Berufung ist nicht begründet. Das LG hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Pfändung des Klägers ging ins Leere, weil der Deckungsanspruch nicht besteht.
In der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung hat der Versicherer den Versicherungsnehmer bzw. den Mitversicherten von Schadensersatzansprüchen freizustellen, wenn durch den Gebrauch des Fahrzeugs Sachen beschädigt werden. Dass ein solcher Versicherungsfall vorliegt, ist aufgrund des Trennungsprinzips im Deckungsprozess anzunehmen, wenn ein entsprechender Schadensfall im Prozess über den Haftpflichtanspruch mit Bindungswirkung für den Haftpflichtversicherer festgestellt wird.
Hier steht aufgrund des rechtskräftigen Versäumnisurteils zwar fest, dass der Streitverkündete dem Kläger Schadensersatz zu leisten hat, weil er mit dem Fahrzeug, für das die Versicherung besteht, das Fahrzeug des Klägers beschädigt hat. Dieser Inhalt des Versäumnisurteils ergibt sich aus dem Tenor des Urteils und der ihm zugrunde liegenden Klageschrift. Das Ergebnis des Haftpflichtprozesses ist für den Haftpflichtversicherer, die Beklagte, aber nicht bindend.
Zwar besteht die sog. Voraussetzungsidentität hinsichtlich der Voraussetzungen des Haftpflicht- und des Deckungsanspruchs, also hinsichtlich der Tatsache, dass der Streitverkündete am 28.5.2011 das Kraftfahrzeug des Klägers beschädigt hat und daraus die im Versäumnisurteil ausgesprochenen Schäden entstanden sind. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Feststellungen des Haftpflichtprozesses für den Deckungsprozess im Allgemeinen (BGH VersR 2007, 641) und auch, soweit es sich um ein Versäumnisurteil handelt (BGH 2003, 635), bindend.
Die Bindungswirkung entfällt aber, weil der Kläger und der Streitverkündete den Unfall arglistig vorgetäuscht haben, um eine Leistung der Beklagten zu erlangen.
Aufgrund des in erster Instanz eingeholten Gutachtens des Sachverständigen K ist bewiesen, dass der Schaden an dem Fahrzeug des Klägers nicht, wie der Kläger im Haftpflicht- und Deckungsprozess und der Streitverkündete gegenüber der Beklagten in dem übersa...