Leitsatz (amtlich)
VW-Dieselskandal: Keine Haftung für unzulässige Abschalteinrichtung bei Gebrauchtwagenkauf am Januar 2017
Normenkette
BGB § 826
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Aktenzeichen 28.32019, 27 O 328/18) |
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.3.2019 verkündete Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.990,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs eines vom sog. Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens.
Die Klägerin erwarb den streitgegenständlichen Pkw vom Typ Audi A6 Avant mit Kaufvertrag vom 23.1.2017 zu einem Kaufpreis in Höhe von 22.490,00 EUR von der Firma X GmbH & Co. KG in Stadt1. Herstellerin des im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Dieselmotors vom Typ EA 189 war die Beklagte.
In den Motoren des genannten Typs war eine von der Beklagten entwickelte Software eingebaut, die erkennt, ob das Fahrzeug sich auf dem Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befindet oder ob es im Straßenverkehr genutzt wird. Hierbei kam es im Modus 1 (Prüfstandsituation) zu einer deutlich höheren Abgasrückführung und somit zu einem geringeren Ausstoß von Stickoxiden als im Modus 0 (Straßenbetrieb). Der Modus 1 war allerdings lediglich beim Durchfahren des "Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ)" - also auf dem Prüfstand - aktiv. Im normalen Straßenverkehr wurde der in den betroffenen Fahrzeugen verbaute Motor ausschließlich im Betriebsmodus 0 betrieben.
Bereits am 2.11.2016, mithin bereits vor Erwerb des Pkws durch die Klägerin, war von der Verkäuferin ein von der zuständigen Behörde genehmigtes Software-Update auf den Pkw aufgespielt worden, durch das die Abgasrückführung nur noch in einem einheitlichen Betriebsmodus arbeitet, wodurch die sog. Umschaltlogik beseitigt worden ist (vgl. Anlage K3, Bl. 21 d. A.).
Am 22.9.2015 - mithin rund eineinhalb Jahre vor Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs - hatte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung gemäß § 15 WpHG mit folgendem Inhalt veröffentlicht:
"Volkswagen treibt die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Dieselmotoren mit Hochdruck voran. [...] Weitere bisherige interne Prüfungen haben ergeben, dass die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Dieselfahrzeugen des Volkswagenkonzerns vorhanden ist. [...] Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund 11 Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandwerten und realem Fahrbetrieb festgestellt. Volkswagen arbeiten mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen [...]".
Am selben Tag informierte der Vorstandsvorsitzende der Beklagten hierüber in einer Pressekonferenz.
Anfang Oktober 2015 informierte die Beklagte ihr Händlernetz über die Softwareproblematik und wies die Händler an, alle Gebrauchtwagenkäufer über das Vorhandensein der Umschaltlogik aufzuklären. Sie richtete außerdem auf ihrer Homepage eine Internetseite ein, auf der jeder durch Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer überprüfen kann, ob das betreffende Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist. Hierüber informierte die Beklagte in einer Pressemitteilung vom 2.10.2015. Über die Internetseite wurde außerdem in zahlreichen Medien öffentlich berichtet.
Am 15.10.2015 ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt gegenüber der Beklagten an, 2,4 Millionen Dieselfahrzeuge wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen zurückzurufen. Auch hierüber informierte die Beklagte in einer Pressemitteilung vom selben Tag. Mitte Dezember 2015 kündigte die Beklagte zudem öffentlich an, im Januar die vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordnete Rückrufaktion zu starten. Im Februar 2016 schrieb die Beklagte alle betroffenen Halter an und informierte sie über die anstehende Rückrufaktion und die Umsetzung durch Aufspielen eines Software-Updates.
Der gesamte Abgasskandal war - und ist - darüber hinaus ab September 2015 Gegenstand einer ausführlichen und umfangreichen Medienberichterstattung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 113 ff. d. A.) Bezug genommen.
Mit am 28.3.2019 verkündetem und der Klägerin am 25.4.2019 zugestelltem Urteil, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin...