Leitsatz (amtlich)
VW-Dieselskandal: Keine Haftung von VW für sittenwidrige Abgas-Manipulation für Gebrauchtwagenkauf im März 2017
Normenkette
BGB § 826
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 12.02.2019; Aktenzeichen 19 O 98/18) |
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.2.2019 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 23.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt im Rahmen des sog. Abgasskandals von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs eines Pkw VW Tiguan 2.0 TDI, der mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet ist.
Die Klägerin erwarb am 15.3.2017 von der X GmbH in Stadt1 einen gebrauchten VW Tiguan 2.0 TDI zu einem Kaufpreis von 18.000,- EUR. Herstellerin des streitgegenständlichen Pkw war die Beklagte. Vor dem Kauf war auf den Pkw ein vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigtes Software-Update aufgespielt worden, durch das die Abgasrückführung nur noch in einem einheitlichen Betriebsmodus arbeitet und damit die sog. Umschaltlogik beseitigt worden ist.
Am 22.9.2015 - mithin rund 18 Monate vor dem streitgegenständlichen Kauf - hatte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung gemäß § 15 WpHG mit folgendem Inhalt veröffentlicht:
"Volkswagen treibt die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck voran. [...] Weitere bisherige interne Prüfungen haben ergeben, dass die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Diesel-Fahrzeugen des Volkswagen Konzerns vorhanden ist. [...] Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt. Volkswagen arbeitet mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen. [...]".
Am selben Tag informierte der Vorstandsvorsitzende der Beklagten hierüber in einer Pressekonferenz.
Anfang Oktober 2015 informierte die Beklagte ihr Händlernetz über die Softwareproblematik und wies die Händler an, alle Gebrauchtwagenkäufer über das Vorhandensein der Umschaltlogik aufzuklären. Sie richtete außerdem auf ihrer Homepage eine Internetseite ein, auf der jeder durch Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer überprüfen kann, ob das betreffende Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist. Hierüber informierte die Beklagte in einer Pressemitteilung vom 2.10.2015. Über die Internetseite wurde außerdem in zahlreichen Medien öffentlich berichtet.
Am 15.10.2015 ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt gegenüber der Beklagten an, wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen 2,4 Millionen Dieselfahrzeuge zurückzurufen. Auch hierüber informierte die Beklagte in einer Pressemitteilung vom selben Tag. Mitte Dezember 2015 kündigte die Beklagte öffentlich an, im Januar die vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordnete Rückrufaktion zu starten. Im Februar 2016 schrieb die Beklagte alle betroffenen Halter an und informierte sie über die anstehende Rückrufaktion und die Umsetzung durch Aufspielen eines Softwareupdates.
Der gesamte Abgasskandal war darüber hinaus ab September 2015 Gegenstand einer ausführlichen und umfangreichen Medienberichterstattung.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 325 ff. d. A.) Bezug genommen.
Mit am 12.2.2019 verkündetem Urteil, der Klägerin zugestellt am 27.2.2019, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB scheide aus, da die Klägerin eine Täuschung durch die Beklagte nicht schlüssig dargelegt habe. Die Klägerin habe das Fahrzeug am 15.3.2017 erworben, also zu einem Zeitpunkt, in dem seit 1 1/2 Jahren in sämtlichen Medien über den Abgasskandal berichtet worden sei. Das Thema sei in den Medien überpräsent gewesen, so dass man diese Thematik wahrnehmen musste. Daher scheide auch ein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB aus, weil sich das Verhalten der Beklagten zum Zeitpunkt des Kaufs nicht mehr als sittenwidrig gegenüber der Klägerin darstelle.
Hinsichtlich der weiteren Ausführungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 21.3.2019 (Bl. 335 f. d. A.), eingegangen bei Gericht am 25.3.2019, eingelegte und mit Schriftsatz vom 18.4.2...