Leitsatz (amtlich)

VW-Dieselskandal: Keine Haftung von VW wegen sittenwidriger Abgas-Manipulation bei Gebrauchtwagenkauf im Dezember 2016

 

Normenkette

BGB § 826

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 28.02.2019; Aktenzeichen 11 O 167/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 28.2.2019 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 22.303,49 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit einem Gebrauchtwagen, der vom sog. Dieselabgasskandal betroffen ist.

Der Kläger erwarb am 28.12.2016 bei dem X GmbH für einen Kaufpreis von 18.150,- EUR einen gebrauchten VW Touran 2.0 I TDI DSG mit einem Dieselmotor EA 189, der über die Bank1 AG finanziert wurde. Das Fahrzeug, welches von der Beklagten hergestellt worden ist, hat einen Motor der Baureihe EA 189, der mit einer Software ausgestattet, die erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand zur Ermittlung der Emissionen befindet oder im Straßenverkehr betrieben wird.

Am 22.9.2015 - rund fünfzehn Monate vor dem streitgegenständlichen Kauf - hatte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung gemäß § 15 WpHG mit folgendem Inhalt veröffentlicht:

"Volkswagen treibt die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck voran. [...] Weitere bisherige interne Prüfungen haben ergeben, dass die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Diesel-Fahrzeugen des Volkswagen Konzerns vorhanden ist. [...] Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt. Volkswagen arbeitet mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen. [...]".

Am selben Tag informierte der Vorstandsvorsitzende der Beklagten hierüber in einer Pressekonferenz.

Anfang Oktober 2015 informierte die Beklagte ihr Händlernetz über die Softwareproblematik und wies die Händler an, alle Gebrauchtwagenkäufer über das Vorhandensein der Umschaltlogik aufzuklären. Sie richtete außerdem auf ihrer Homepage eine Internetseite ein, auf der jeder durch Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer überprüfen kann, ob das betreffende Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist. Hierüber informierte die Beklagte in einer Pressemitteilung vom 2.10.2015. Über die Internetseite wurde außerdem in zahlreichen Medien öffentlich berichtet.

Der gesamte Abgasskandal war darüber hinaus ab September 2015 Gegenstand einer ausführlichen und umfangreichen Medienberichterstattung.

Die Beklagte wurde mit Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 15.10.2015 aufgefordert, die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Nachdem vom Kraftfahrt-Bundesamtes mit Bescheid vom 21.7.2016 bestätigte, dass die vorgestellten Änderungen geeignet sind, die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeuges herzustellen, ließ der Kläger am 25.7.2017 ein Software-Update an dem streitgegenständlichen Fahrzeug durchführen. Mit Schreiben vom 12.10.2018 (Bl. 34 d.A.) forderte der Kläger die Beklagte auf, den Vertrag rückabzuwickeln.

Der Kläger hat behauptet, beim Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeuges sei ihm nicht bekannt gewesen, dass der Wagen von dem Abgasskandal betroffen sei. Vom Verkäufer sei er nicht darauf hingewiesen worden. Durch dieses Schweigen sei er getäuscht und sittenwidrig geschädigt worden. Sein Fahrzeug befinde sich in einem gesetzeswidrigen Zustand und sei nicht zulassungsfähig.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Wagen sei mangelfrei, jedenfalls stelle das Aufspielen der Software-Updates, welches vom Kraftfahrt-Bundesamt freigegeben worden sei, eine geeignete und erfolgreiche Maßnahme der Nachbesserung dar. Eine deliktische Haftung der Beklagten scheitere bereits an einer Täuschungshandlung. Jedenfalls fehle es an einer Zurechnung auf die Organe der Beklagten. Ein Schaden sei dem Kläger nicht entstanden. Der Wagen sei uneingeschränkt einsatzfähig. Der pauschale Vortrag eines Wertverlustes sei unzutreffend.

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 249 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit am 28.2.2019 verkündetem Urteil, dem Kläger zugestellt am 12.3.2019, hat das Landgericht die Klage unter Bezug auf eine Entscheidung des Landgerichts Braunschweig vom 14.2.2018 zu Aktenzeichen .../17 die Klage abgewiesen. In diesem Parallelv...

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