Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Nebenabrede im Rahmenvertrag zwischen zwei Autozulieferern
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.01.2019; Aktenzeichen 3-09 O 48/17) |
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 29.01.2019 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Klägerin, die diese selbst zu tragen hat, fallen der Klägerin zur Last.
Das vorliegende sowie das erstinstanzliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 658.762,73 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin fertigte für Y (Y) und X Ventile und bezog dafür von der Beklagten Kolben, die einen Härtewert zwischen 850 und 600 HV1 haben sollten. Die Ventile wurden dann im Y-Werk in Stadt1 in Mechatroniken eingebaut, die wiederum Teil der für die Fahrzeuge benötigten Getriebe waren. Grundlage der Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien war dabei ein Rahmenvertrag vom 22.03.2013 (Anlage K 1, Bl. 19 ff. d. A.) sowie eine den Rahmenvertrag modifizierende Nebenabrede vom 20.03.2013 (Anlage K 2, Bl. 45 ff. d. A.) Für den genauen Inhalt dieser Verträge wird auf die vorbezeichneten Anlagen Bezug genommen.
In der Nebenabrede (Anlage K 2) heißt es nach der einleitenden Wendung "Folgende Abweichungen wurden zwischen A und B vereinbart:" unter anderem unter II. "Serienlieferung":
"5. Qualität des Produkts (Qualitätssicherungsvereinbarung)
5.2 Der Lieferant hat im Rahmen einer Null-Fehler-Zielverpflichtung anzustreben, dass nur Produkte ausgeliefert werden, die den vereinbarten Spezifikationen entsprechen..."
Unter III. 4. "Gewährleistung/Haftung" heißt es unter anderem:
"4.3 Schadensersatzleistungen - in Abänderung von Punkt 4.3 gilt folgende Regelung
Der Lieferant ist B nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zum Ersatz der Schäden, Kosten und Aufwendungen verpflichtet, die durch mangelfreie Entwicklungsergebnisse, Werkzeuge, Lieferantenprodukte oder durch die Verletzung von Verpflichtungen des Lieferanten gemäß Vorschriften des Rahmenvertrages oder deren Nominierung verursacht wurde und der Lieferant dies zu vertreten hat.
Der Lieferant hat B nach den gesetzlichen Regelungen von allen damit verbundenen Ansprüchen Dritter freizustellen.
Zusätzlich wird der Lieferant B die Kosten für Aussortierung, Überprüfung und Fehlersuche, Ersatz, Reparatur, Lagerung, Verschrottung, Transport sowie Rückrufkosten erstatten, die durch das mangelhafte Lieferantenprodukt verursacht wurden, vorausgesetzt, der Lieferant hat den Mangel zu vertreten.
Für Maßnahmen von B zur Schadenabwehr (z. B. Rückrufkosten, Kundendienstmaßnahmen oder eine sonstige Feldmaßnahme) haftet der Lieferant, soweit diese Maßnahme auf der Mangelhaftigkeit der vom Lieferanten gelieferten Ware oder einer sonstigen Pflichtverletzung des Lieferanten beruht. Im Falle von Rückrufaktionen haftet der Lieferant darüber hinaus nur, soweit der Rückruf zur Vermeidung von Personen- und Sachschäden durchgeführt wurde."
"Lieferant" bezeichnet dabei jeweils die Beklagte, "B" die Klägerin.
Nachdem die Beklagte der Klägerin zunächst am 07.03.2016 mitgeteilt hatte, am selben Tag unter der Lieferschein-Nr. ... gelieferte - nicht in die weitere Produktion bei der Klägerin eingegangene - Kolben entsprächen hinsichtlich des Härtegrades nicht den Qualitätsvorgaben, machte sie am Morgen des 08.03.2016 eine weitere Mitteilung an die Beklagte hinsichtlich einer Lieferung vom 02.03.2016 über 2.712 Kolben zu Lieferschein-Nr. .... Insoweit trägt die Klägerin vor, die Beklagte habe mitgeteilt, dass auch diese Kolben den Härtevorgaben nicht entsprächen, wohingegen die Beklagte vorträgt, die Information weitergeleitet zu haben, dass diese Kolben "ebenfalls teilweise einen zu geringen Härtewert aufweisen könnten".
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe den Härtegrad der Kolben in ihrem Betrieb nicht kontrolliert. Die 2.712 Kolben aus der Lieferung Nr. ... wiesen nicht den notwendigen Härtegrad auf. Sie seien bei Erhalt der Mitteilung der Beklagten bereits in Ventile eingebaut und diese seien bereits an Y ausgeliefert gewesen. Y habe sie bereits fast vollständig aufgebraucht und in Mechatroniken verbaut gehabt.
Gegenstand der Klage sind nach den Behauptungen der Klägerin entstandene Kosten für Austauscharbeiten, die bei Y sowie in den X-Werken in Stadt2 und Stadt3 entstanden seien. Die Klägerin habe, um ihre Pflichten gegenüber Y zu erfüllen, für die Unterstützung im X-Werk Stadt2 die T GmbH und hinsichtlich des X-Werks Stadt3 die U GmbH sowie die V GmbH be...