Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung in den Miteigentumsanteil an einem Grundstück
Leitsatz (amtlich)
Die Pfändung und Einziehung des einem Grundstücks-Miteigentümer zustehenden Anspruchs auf Aufhebung der Gemeinschaft hindert den Miteigentümer nicht an der Veräußerung seines Anteils an andere Miteigentümer. Führt diese Veräußerung zu Alleineigentum, kann sich der neue Alleineigentümer mit der Drittwiderspruchsklage gegen die Fortsetzung der Teilungsversteigerung wenden.
Normenkette
BGB § 749; ZPO § 771
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 19.12.2008; Aktenzeichen 3 O 362/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.12.2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Gießen abgeändert. Die vom Beklagten nach der Pfändungs- und Einziehungsverfügung Nr .../06 vor dem AG - Vollstreckungsgericht - Nidda unter Az. - 7 K 35/07 betriebene Teilungsversteigerung des im Grundbuch von O1 Bl ... lfd. Nr ... Flur ... Flurstück Nr ... (768 qm) eingetragenen Grundstücks wird für unzulässig erklärt. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann A (nachfolgend als "Ehemann" bezeichnet) waren hälftige Miteigentümer eines Hausgrundstücks. Das beklagte Land (nachfolgend als "Beklagter" bezeichnet) vollstreckte wegen rückständiger Abgaben des Ehemannes mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 16.6.2006 (Bl. 13 f. d.A.) in dessen Anspruch auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft und betrieb in der Folgezeit ein Teilungsversteigerungsverfahren. Am 19.6.2008 übereignete der Ehemann der Klägerin im Rahmen eines güterrechtlichen gerichtlichen Vergleichs das Hausgrundstück zu Alleineigentum. Die Klägerin wendet sich auf dieser Grundlage gegen die Fortsetzung des Teilungsversteigerungsverfahrens durch den Beklagten.
Zur Darstellung der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Ehemann sei im Verhältnis zum Beklagten durch die Pfändungs- und Einziehungsverfügung daran gehindert gewesen, Verfügungen zu treffen, die die Rechtsstellung des Beklagten beeinträchtigten.
Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts.
Sie beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und
1. die vom Beklagten vor dem AG - Vollstreckungsgericht - Nidda unter Az. - 7 K 35/07 betriebene Teilungsversteigerung aus der Pfändungs- und Einziehungsverfügung Nr ... des Grundstücks, eingetragen im Grundbuch von O1, Bl ..., lfd. Nr ..., Flur ..., Flurstück Nr ... (768 qm), für unzulässig zu erklären,
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 961,28 EUR außergerichtliche, nicht festsetzbare Rechtsanwaltskosten nebst 4 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und stützt sich hilfsweise auf eine Anfechtbarkeit der nach seiner Ansicht unentgeltlichen Übertragung des Miteigentumsanteils.
B. Die Berufung ist hinsichtlich des Antrages zu 1. begründet, hinsichtlich des Antrages zu 2. unbegründet.
I. Die Drittwiderspruchsklage ist zulässig und begründet. Die Klägerin ist infolge der Auflassung, die im Rahmen des mit dem Ehemann geschlossenen Vergleichs erklärt wurde, Alleineigentümerin des Hausgrundstücks geworden. Der Beklagte darf nicht weiter in dieses vollstrecken.
1. Die Veräußerung des Miteigentumsanteils vom Ehemann an die Klägerin war ungeachtet der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 16.6.2006 wirksam. Diese bezog sich nur auf den Aufhebungsanspruch, nicht auf den Miteigentumsanteil selbst. Der Ehemann blieb zur Veräußerung seines Miteigentumsanteils befugt (vgl. BGHZ 4, 84, 90). Die Pfändung und Einziehung des Aufhebungsanspruchs führte lediglich zur Befugnis des Beklagten als Gläubiger, das Teilungsversteigerungsverfahren zu betreiben, um eine angemessene Verwertung des gesamten Grundstücks zu erreichen. Für eine Teilungsversteigerung ist indessen - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen (vgl. zu diesen BGH MDR 2005, 112) - kein Raum mehr, wenn Alleineigentum besteht. Gegen derartige Vermögensverschiebungen kann sich der Gläubiger nur dadurch schützen, dass er neben der Pfändung und Einziehung des Aufhebungsanspruchs auch die Vollstreckung in den Miteigentumsanteil selbst betreibt durch den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek (vgl. MünchKomm/BGB-Schmidt, 5. Aufl. 2009, § 749 Rz. 26; Staudinger(2008)-Langhein, § 749 Rz. 59). Diesen Weg hat der Beklagte nicht beschritt...