Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage, wann die Einrede der Verjährung verwirkt ist oder auf deren Geltendmachung konkludent verzichtet wurde und unter welchen Voraussetzungen eine vertraglich zugesicherte Eigenschaft vorliegt.
Normenkette
BGB §§ 194, 459
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 8. Februar 1978 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.500,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheit kann durch unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.
Der Wert der Beschwer beträgt 84.373,32 DM.
Tatbestand
Die Klägerin bestellte am 25.4.1974 anläßlich eines Besuches auf der Messe in Hannover bei der Beklagten einen EDV-Büroautomaten des Typs … mit Zubehör zu einem Kaufpreis von 84.373,32 DM. Die Anlage wurde am 17. Mai 1974 an die Klägerin geliefert und der Kaufpreis von der Klägerin bezahlt. Anschließend fand durch die Softwarefirma die Programmerstellung statt. Das Gerät wurde Mitte September 1974 erstmals in Betrieb genommen. Da die Klägerin mit der Leistungsfähigkeit der Maschine nicht zufrieden war, schrieb sie der Beklagten am 20.1.1975 einen Brief, in welchem sie ihre Beanstandungen mitteilte und erklärte, sie fühle sich übervorteilt und sei nicht bereit, die Anlage, die ihr unter falschen Voraussetzungen verkauft worden sei, zu behalten. Nachdem die Beklagte sich auf eine Rücknahme der Anlage nicht einließ, hat die Klägerin – mit einer bei Gericht am 3.11.1975 eingegangenen Klageschrift – Klage erhoben und Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe der Anlage verlangt.
Wegen des Sach- und Streitstandes des ersten Rechtszuges wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils ergänzend Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat für bewiesen erachtet, daß bei den Vertragsverhandlungen erörtert worden sei, das Gerät müsse während der Hauptsaison täglich bis zu 200 Rechnungen schreiben können, und hat darin die vertragliche Zusicherung einer Eigenschaft gesehen. Da diese Rechnungszahl pro Tag nicht zu erzielen sei, bestehe ein Wandlungsrecht der Klägerin.
Gegen dieses nicht vor dem 9. März 1978 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 7. April 1978 Berufung eingelegt und diese am 12. April 1978 begründet.
Die Beklagte erhebt nunmehr im zweiten Rechtszug die Einrede der Verjährung und trägt in übrigen vor, die Auditronic 770 sei zwar bei dem für die Rechnungen der Klägerin erforderlichen Aufwand unstreitig nicht in der Lage, 200 Rechnungen pro Tag zu schreiben. Jedoch sei dies für einen Fachmann so offenkundig, daß, wenn einer der am Verkaufsgespräch Beteiligten dies gesagt hätte, es in jedem Fall auf den entschiedenen Widerspruch der anderen Fachleute gestoßen wäre. Tatsächlich seien auch nicht die 100 Rechnungen in Spitzenzeiten, sondern nur die aus der Jahresstückzahl sich ergebende tägliche Durchschnittsmenge der Rechnungen zur Sprache gekommen. Jedenfalls aber dürfte aus der einseitigen Nennung der Zahl von 200 durch die Klägerin noch nicht auf eine Zusicherung der Beklagten geschlossen werden. Insoweit sei die Klägerin auch nicht ihrer kaufmännischen Rügepflicht nachgekommen, denn das Nichterreichen der Zahl von 200 Rechnungen täglich sei – wie unstreitig ist – vor dem Prozeß niemals von der Klägerin beanstandet worden. Die sonstigen von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 22.3.1976 auf S. 3 und 4 (Bl. 88, 89 d. A.) unter a – g aufgeführten Aufgaben sei die Anlage zu betätigen im Stande. Die Beklagte sei auch nur in eingeschränktem Umfang zur Gewährleistung verpflichtet gewesen, so wie sich dies aus Ziffer 12 ihrer mit Schriftsatz vom 5.12.1978 überreichten Geschäftsbedingungen (Bl. 335 d. A.) ergebe.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, die Beklagte hafte auch deshalb, weil sie, die Klägerin, als Laie völlig auf die EDV-Kenntnisse der Beklagten angewiesen, von dieser aber falsch beraten worden sei. Die mangelhafte Leistungsfähigkeit der Anlage hätte ihr von der Beklagten offenbart werden müssen. Statt dessen sei den auf der Messe in Hannover für sie vorstellig gewordenen Personen von dem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen …, erklärt worden, die Maschine entspreche voll ihren Wünschen. Dieses der Beklagten zuzurechnende Verhalten sei arglistig gewesen. Deshalb sei auch die Einrede der Verjährung wirkungslos. Sie habe den Vertrag wegen arglistiger Täuschung über die Leistungsfähigkeit der Maschine angefochten und sei wirksam zurückgetreten. Vor dem Schreiben vom 20.1.1975 habe sie die Mangelhaftigkeit der Anla...