Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch auf Registrierung einer Second-Level-Domain, die aus nur zwei Buchstaben besteht (hier: vw.de)
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.04.2004; Aktenzeichen 2/6 O 450/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Frankfurt/M. - 6. Zivilkammer - vom 7.4.2004 (Az.: 2/6 O 450/03) abgeändert.
Der Beklagten wird aufgegeben, den Second-Level-Domain-Namen "vw" unter der Top-Level-Domain ".de" zugunsten der Klägerin zu registrieren, solange nicht eine Top-Level-Domain mit der Buchstabenfolge ".vw" eingeführt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 4/5 und die Klägerin 1/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann eine Vollstreckung in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 100.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können die Parteien eine Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, ein weltweit führender und Europas größter Automobilhersteller, verlangt von der Beklagten die Registrierung des Domain-Namens "vw.de". Die Beklagte lehnt dies u.a. im Hinblick auf die Betriebssicherheit im Internet ab.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Second-Level-Domain-Namen "vw" unter der Top-Level-Domain ".de" zugunsten der Klägerin zu registrieren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 7.4.2004 abgewiesen. Wegen der Begründung sowie aller tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 376-382 d.A.) Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter. Zur Begründung trägt sie vor, die Domain "vw.de" sei für sie, die Klägerin, von überragend wichtiger Bedeutung. Der typische Internet-Nutzer suche ihr Unternehmen unter dieser Domain und werde in seiner Erwartung enttäuscht. Dadurch erleide sie, die Klägerin, empfindliche Wettbewerbsnachteile im Vergleich zu ihren Konkurrenten, die sich im Internet unter ihrem bekannten Kürzel präsentieren können. Eine Verweigerung der Eintragung könne daher nur durch besonders gewichtige Interessen der Beklagten gerechtfertigt sein. Anerkennenswerte Interessen der Beklagten bestünden jedoch nicht. Sämtliche vom LG für maßgeblich gehaltenen Punkte träfen nicht zu. Die Beklagte diskriminiere sie, die Klägerin, im Vergleich zu anderen Automobilherstellern ohne sachlich gerechtfertigten Grund und behindere sie unbillig.
Die Beklagte sei daher aus §§ 20, 33 GWB verpflichtet, die Domain "vw.de" für sie, die Klägerin, einzutragen.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des am 7.4.2004 verkündeten Urteils des LG Frankfurt/M., Az.: 2-06 O 450/03, verurteilt, den Second-Level-Domain-Namen "vw" unter der Top-Level-Domain ".de" zugunsten der Klägerin zu registrieren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vortrags. Insbesondere weist sie darauf hin, dass die Klägerin bei anderen Domain-Vergabestellen und bei ihr, der Beklagten, über zahlreiche registrierte Domains unter der Top-Level-Domain ".de" verfüge. Die Klägerin werde keineswegs daran gehindert, ihr Unternehmen und ihre Produkte im Internet und insbesondere unter der Domain ".de" zu präsentieren. Die Beklagte bestreitet, dass die Fahrzeuge der Klägerin vor allem unter der Kurzbezeichnung "VW" bekannt seien. Auch in ihren eigenen Werbeauftritten verwende die Klägerin das Kürzel "VW" im Text praktisch nicht. Es sei nicht ersichtlich, dass das Kürzel unter diesen Umständen eine solche Bedeutung habe, wenn es um die Registrierung einer Domain gehe. Daneben machten die rasante Entwicklung neuer Domains und die erheblichen Registrierungszahlen deutlich, dass andere Domains zur Verfügung stehen, die mit der Top-Level-Domain ".de" funktionell austauschbar seien. So lasse die Einführung der Top-Level-Domain "eu" einen erheblichen Bedeutungsverlust der alten EU-Länder Domains erwarten. Diese Entwicklung müsse bei der Beurteilung der Marktstellung von Registrierungsstellen Berücksichtigung finden. Die Überlegungen des BGH in der Ambiente-Entscheidung vom Mai 2001 dürften fast 3 ½ Jahre später nicht ohne eingehende Prüfung der veränderten Marktsituation
übernommen werden. Ehemals starke Marktstellungen würden gerade in jüngster Zeit durch das Aufkommen neuer, konkurrierender Interessen rasch abgeschmolzen.
Selbst wenn es sich bei ihr, der Beklagten, um ein marktbeherrschendes Unternehmen i.S.d. § 20 GWB handele, werde die Klägerin von ihr weder unbillig behindert, noch gegenüber gleichartigen Unternehmen diskriminiert. Die Klägerin verlange eine Gleichbehandlung ungleicher Sachverha...