Leitsatz (amtlich)

Die Gegenseitigkeit der Zwangsvollstreckung ist nicht verbürgt, wenn die Gerichte im Vollstreckungsstaat einem deutschen Zahlungstitel gegen den Fiskus (hier: Republik Argentinien) nur deklaratorische Wirkung beimessen bzw. ihn unter Hinweis auf die dortige (argentinische) Notstandsgesetzgebung als nicht durchsetzbar erachten (§ 917 Abs. 2 ZPO).

Unter den vorgenannten Voraussetzungen kann auch der allgemeine Arrestgrund der Vollstreckungsgefährdung vorliegen (§ 917 Abs. 1 ZPO).

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-21 O 509/02)

 

Gründe

I.

Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen. Sie werden nur zur besseren Verständlichkeit des Berufungsurteils wiederholt bzw. ergänzt.

Der Arrestkläger ist Inhaber von 10,25% Inhaber - Teilschuldverschreibungen der Anleihe mit der Wertpapierkennnummer (WKN) ... mit einem Nennwert von 50.000 DM und von 11,75% Inhaber - Teilschuldverschreibungen der Anleihe mit der Wertpapierkennnummer (WKN) ... mit einem Nennwert von 260.000 DM, die von der Arrestbeklagten begeben wurden. Durch Verordnung Nr. 256/ 2002 vom 02.02.2002 suspendierte die Arrestbeklagte ihren Auslandsschuldendienst, um Verhandlungen über eine umfassende Umschuldung aufnehmen zu können. Sie hat seitdem keine Zahlungen auf die streitbefangenen Inhaber - Teilschuldverschreibungen geleistet.

Der Kläger hat in einem ebenfalls beim Senat anhängigen Urkundenverfahren (8 U 59/03) Zahlungsklage erhoben und im hiesigen Verfahren den Erlass eines Arrestbefehls in Höhe von 158.520,47 EUR zuzüglich Zinsen begehrt. Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 27. 08. 2002 unter Hinweis auf den fehlenden Anordnungsgrund zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 28.10.2002 (8 W 68/02) diesen Beschluss aufgehoben und wegen Ansprüchen in Höhe von insgesamt 158.500,48 EUR (310.000,-- DM) zuzüglich vertraglicher Zinsen und einer Auslagenpauschale von 18.000,-- EUR den dinglichen Arrest in das Vermögen der Arrestbeklagten angeordnet (Bl. 46 d. A.).

Auf den Widerspruch der Arrestbeklagten hat das Landgericht den Arrestbefehl des Senates durch Urteil vom 14.03.2003 bestätigt (Bl. 173 ff. d. A.). Die Arrestbeklagte könne sich wegen der Rechtsnatur der Forderungen und im Hinblick auf die Anleihebedingungen nicht auf ihre Immunität berufen. Die Forderung sei klagbar. Die einschlägigen Bestimmungen des IWF - Übereinkommens stünden dem nicht entgegen. Der Arrestkläger habe durch Bezugnahme auf die Schuldverschreibungen glaubhaft gemacht, dass ihm ein Zahlungsanspruch in o. g. Höhe zustehe. Die Arrestbeklagte könne ihre Zahlungsverweigerung nicht mit einem auf Zahlungsunfähigkeit beruhenden Staatsnotstand rechtfertigen. Dem Arrestkläger stehe der Arrestgrund des § 917 Abs. 2 ZPO zur Seite, denn es bestehe Anlass zur Sorge, dass er seinen Titel im Ausland vollstrecken müsse. Der Arrestkläger habe die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO gewahrt, indem er eine Woche nach dem o. g. Beschluss einen Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek beim Amtsgericht Bonn gestellt habe. Ferner habe er die Wochenfrist des § 929 Abs. 3 ZPO dadurch gewahrt, dass er den Beschluss des Senats am 4. 11. 2002 dem Prozessbevollmächtigten der Arrestbeklagten habe zustellen lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung (Bl. 173 ff. d. A. = JZ 2003, 1010) verwiesen.

Die Arrestbeklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Arrestkläger den Arrestbefehl des Senats nicht wirksam vollzogen habe. Dem Arrestkläger stehe kein Anordnungsanspruch zu. Sie könne nämlich die Auszahlung der Forderungen aus den Inhaber - Teilschuldverschreibungen verweigern, weil sie sich wegen Zahlungsunfähigkeit im Staatsnotstand befinde. Durch die Novellierung des § 917 Abs. 2 ZPO sei der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung erheblich eingeschränkt worden. Er könne hier nicht mehr angenommen werden, weil die einschlägigen argentinischen zivilprozessualen Vorschriften die sog. "Gegenseitigkeit" der Vollstreckung verbürgten. Der Arrestkläger sei nicht mehr schutzwürdig, weil er im Hauptsacheverfahren bereits ein ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbares Urteil erstritten habe.

Die Arrestbeklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern, den Arrestbefehl des Senats vom 28.10.2002 aufzuheben und den Antrag des Arrestklägers vom 26.08.2002 auf Erlass eines dinglichen Arrests zurückzuweisen.

Der Arrestkläger beantragt,

die Berufung der Arrestbeklagten zurückzuweisen.

Der Arrestkläger verteidigt das angefochtene Urteil mit seinem erstinstanzlichen Vorbringen. Es sei schon vor dem Landgericht nachgewiesen worden, dass der Arrestbefehl des Senats fristgerecht der Zustellungsbevollmächtigten der Arrestbeklagten zugegangen sei. Der Arrestkläger habe innerhalb der Monatsfrist beim Amtsgericht Bonn die Eintragung einer Arresthypothek auf einem Grundstück de...

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