Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlassverwaltung durch einzelnen Miterben nach § 2038 BGB auch bei Verfügung
Normenkette
BGB §§ 745, 2038-2040
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 28.10.2010; Aktenzeichen 3 O 147/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des LG Wiesbaden vom 28.10.2010 (Az.: 3 O 147/10) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, zugunsten der ungeteilten Erbengemeinschaft nach dem am ... 1.2003 verstorbenen A, bestehend aus den Klägerinnen, Herrn B, und Herrn C, 51.129,19 EUR nebst 5 % Zinsen ab dem 1.1.2007 bis zum 2.6.2010 sowie Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.6.2010 zu hinterlegen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerinnen machen als Miterbinnen einen Anspruch auf Darlehensrückzahlung zugunsten der Erbengemeinschaft geltend.
Der am ... 1.2003 verstorbene A wurde aufgrund seines Testaments vom 27.9.2001 (Bl. 8 ff. d.A.) zu je 1/3 von den Klägerinnen und zu je 1/6 von den beiden Söhnen des Beklagten beerbt.
Die Klägerin zu 1) ist die Tochter des Erblassers und die Klägerin zu 2) ist seine Schwiegertochter, sie war mit seinem vorverstorbenen Sohn D verheiratet. E, eine ebenfalls bereits verstorbene Tochter des Erblassers, war mit dem Beklagten verheiratet, aus dieser Ehe stammen die genannten Söhne und Miterben. Frau E wurde von dem Beklagten allein beerbt.
Der Erblasser hatte zu Lebzeiten dem Beklagten und seiner Ehefrau Darlehen zu insgesamt 284.500,-DM gewährt, u.a. ein Darlehen vom 23.5.1994 zu 100.000,-DM, das halbjährig zu 5 %, erstmals am 31.12.1994, verzinst werden sollte und mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden kann (Bl. 12 d.A.). Ein Jahr nach dem Tod des Erblassers stellte der Beklagte seine Zinszahlungen hierauf unter Hinweis auf seine Zahlungsunfähigkeit ein.
Die Erbengemeinschaft ist bezogen auf die Darlehensansprüche gegen den Beklagten ungeteilt. Seine Söhne verweigern den Klägerinnen sowohl eine einvernehmliche Darlehenskündigung wie auch eine Aufteilung der Darlehen auf die Miterben entsprechend ihren Anteilen. Mit Anschreiben vom 17.3.2010 wandte sich der Anwalt der Klägerinnen in deren Namen mit dem Anliegen an die Söhne des Beklagten, einen Beschluss der Erbengemeinschaft herbeizuführen, das Darlehen vom 23.5.1994 zu kündigen, wobei er mitteilte, dass die Klägerinnen dem bereits zugestimmt haben. Sollte bis zum 31.3.2010 keine Antwort eingehen, werde dies als Ablehnung der Beschlussfassung aufgefasst werden (Bl. 47 f. d.A.).
Der Sohn C antwortete mit E-Mail vom 30.3.2010, in der er den Beschluss ablehnte, da angesichts der Vermögensverhältnisse seines Vaters ohnehin keine Aussicht auf Durchsetzung des Darlehensrückzahlungsanspruchs bestehe (Bl. 49 d.A.). Der andere Sohn reagierte nicht.
Mit Schreiben vom 17.5.2010 erklärte der Anwalt der Klägerinnen gegenüber dem Beklagten unter Verweis auf einen Mehrheitsbeschluss der Erbengemeinschaft die sofortige Kündigung jenes Darlehens, wobei Zahlung zum 2.6.2010 begehrt wurde (Bl. 13 f. d.A.). Mit Schreiben vom 19.5.2010 wurde zudem noch die ordentliche Kündigung des Darlehens erklärt (Bl. 15 d.A.).
Die Klägerinnen haben zum Beleg ihrer Aktivlegitimation auf § 2039 BGB verwiesen. Mit Blick auf eine neuere Rechtsprechung des BGH haben sie die Auffassung vertreten, dass auch eine Kündigung des Darlehens als Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung mit Stimmenmehrheit nach § 2038 BGB möglich sei und es hierzu nicht nach § 2040 BGB eines gemeinsamen Handelns aller Miterben bedürfe. Da der Beklagte seit Jahren keine Zinsen mehr zahle, sei die Kündigung zur ordnungsgemäßen, wenn nicht sogar notwendigen Verwaltung des Nachlasses erforderlich, um einen Titel sowie ggflls. die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erlangen zu können, damit so alle Möglichkeiten zu einer Anspruchsdurchsetzung gewahrt blieben.
Die Klägerinnen haben beantragt, den Beklagten zu verurteilen, zugunsten der ungeteilten Erbengemeinschaft nach dem am ... 1.2003 verstorbenen A, bestehend aus den Klägerinnen, Herrn B, und Herrn C, 51.129,19 EUR nebst 5 % Zinsen p.a. seit dem 1.1.2007 zu hinterlegen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, dass die Kündigung nur einstimmig beschlossen werden könne, da es sich um eine Verfügung i.S.v. § 2040 BGB handele. Ferner hat er sich auf Verjährung sowie Verwirkung berufen.
Hinsichtlich des Weiteren Sach- und Streitstandes im 1. Rechtszug wird auf die tatsächlichen Feststellungen des LG im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 28.10.2010 abgewiesen, da es an einer wirksamen Künd...