Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines Verzichts auf Urheberbenennung in AGB eines Microstock-Portals
Verfahrensgang
LG Kassel (Urteil vom 05.07.2021; Aktenzeichen 10 O 2109/20) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das am 5.7.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Kassel (10 O 2109/20) teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte EUR 480,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten, höchstens jedoch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, seit 23.2.2021 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, soweit die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit der Kläger Ansprüche wegen der Verletzung seines Rechts auf Urheberbenennung geltend macht und die Beklagte widerklagend Anwaltskosten für die Rechtsverteidigung gegen die Inanspruchnahme durch den Kläger wegen Verletzung seines Rechts auf Urheberbenennung verlangt. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu EUR 8.000 festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen angeblich rechtwidriger Verwendung eines Lichtbildes und unterlassener Urheberbenennung geltend.
Der Kläger, ein Fotograf, schloss mit dem Betreiber des damaligen Portals X einen sog. Upload-Vertrag (Anlage HW 4), mit dem er dem Betreiber eine Lizenz zur Nutzung der vom Kläger eingestellten Fotografien erteilte und das Recht zur Erteilung von Unterlizenzen an Kunden von X einräumte. Er stellte das nach seiner Behauptung von ihm erstellte Lichtbild sodann auf dem Portal X ein. Dieses Lichtbild verwendete die Beklagte auf ihrer Webseite als Hintergrund, ohne den Kläger als Urheber zu benennen, und behauptet, hierzu aufgrund eines mit X geschlossenen sog. Download-Vertrags (Anlage HW 3) berechtigt zu sein. Der Upload-Vertrag und der Download-Vertrag stellten von X verwendete allgemeine Geschäftsbedingungen (nachfolgend "AGB") dar.
X war eine der führenden europäischen Microstock Bildagenturen mit Millionen Bildern und Videos und Millionen Mitgliedern. Sie wurde 2015 von Y übernommen (zwischenzeitlich: "X by Y") und existiert inzwischen nicht mehr unter der Bezeichnung "X". Es handelte sich um ein reichweitenstarkes Portal, das die Nutzung von Lichtbildern, die auf dem Portal eingestellt werden, seinen Kunden zu äußerst günstigen Lizenzen ermöglicht (sog. Microstock-Portal). Hierdurch konnte X eine enorme Anzahl an Lizenzen vergeben und damit eine starke Verbreitung der eingestellten Werke gewährleisten. In der Summe aller Lizenzverkäufe kann der einstellende Urheber hierdurch ein angemessenes Lizenzhonorar erwerben. Nur aufgrund der hohen Reichweite bei dieser Art der Vermarktung mit der dadurch möglichen Verbreitung der Werke und Anzahl an Lizenzverkäufen ist es für professionelle Marktteilnehmer lukrativ, Lizenzrechte an ihren Werken im Einzelfall zu äußerst niedrigen Lizenzgebühren zu vergeben.
Der Kläger vermarktet seine Werke ausschließlich über Microstock-Portale wie X mit entsprechenden einheitlichen Lizenzen und nicht eigenständig mit individueller Lizenzvergabe. Auf diese Weise vermeidet er den mit eigenständiger Vermarktung verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwand. Die Werke des Klägers waren bei X äußerst beliebt, die Vermarktung der Werke des Klägers über Portale wie X war äußerst erfolgreich. Er zählt zu den erfolgreichsten Bildanbietern weltweit. Mit Stand vom 3.3.2021 sind seine Werke über 888.000-mal lizensiert worden.
Der Kläger hat geltend gemacht, eine von ihm bestrittene Lizenz der Beklagten zur Nutzung des Lichtbilds wäre jedenfalls nicht wirksam, da die Beklagte entgegen der Regelungen des Download-Vertrags (Anlage HW 3) keine sog. "Rechtsklicksperre" angebracht habe. Dies habe dazu geführt, dass die Bild-Datei von jedermann heruntergeladen werden könne, insbesondere durch einen Klick auf das Bild mit der rechten Taste der Computermaus und der sich sodann bietenden Auswahl, die Bilddatei abzuspeichern. Auch habe die Beklagte die Metadaten des Bildes entfernt, die ihn als Urheber ausgewiesen hätten. Die Beklagte hätte ihn zudem als Urheber benennen müssen; er habe durch den Upload-Vertrag jedenfalls nicht wirksam auf sein Recht auf Urheberbenennung verzichtet. Die Beklagte sei zur Unterlassung verpflichtet und hafte nach der Lizenzanalogie auf Schadenersatz entsprechend den MFM-Empfehlungen (zur Berechnung Bl. 19 d.A., LGU 12), auf Ersatz von Sicherungs- und Dokumentationskosten seitens der von...