Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Klageabweisung als unzulässig bei falscher Bezeichnung des Vertretungsorgans einer hessischen Gemeinde im Passivrubrum
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Entscheidung vom 19.04.2017; Aktenzeichen 23 O 358/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.4.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Darmstadt und das zugrundeliegende Verfahren aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Für das Berufungsverfahren werden gerichtliche Gebühren und Auslagen nicht erhoben; im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten der Schlussentscheidung des Landgerichts vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die klagende Versicherung verlangt aus übergegangenem Recht von der beklagten Gemeinde Schadenersatz wegen Beschädigungen aufgrund eines Wasserrohrbruchs.
Die Klägerin hat ihre angebliche Forderung zunächst im Mahnverfahren verfolgt. Dabei hat sie das Passivrubrum wie folgt angegeben: "Gemeinde A, B-Straße, ... A, gesetzlich vertreten durch den Bürgermeister."
Das Mahngericht hat die Klageschrift ohne Beanstandungen zugestellt. Nach dem Widerspruch der Beklagten hat die Klägerin die Klage begründet. Die Beklagte hat auf die Klage erwidert, nachdem das Landgericht das schriftliche Verfahren angeordnet hatte. Unter dem 28.5.2015 und 8.7.2015 hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Beklagte nicht ordnungsgemäß vertreten sei, da in Hessen Gemeinden nicht durch den Bürgermeister, sondern gemäß § 71 I HGO durch den Gemeindevorstand bzw. Magistrat vertreten würden. Nach einem Zwischenstreit über die Frage der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.3.2016 (Bl. 60 ff. d.A.) beantragt, das Passivrubrum entsprechend zu berichtigen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH vom 16.2.2009, II ZR 282/07 ausgeführt, eine Berichtigung des Rubrums komme nicht in Betracht.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie in erster Linie die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht verfolgt.
Wegen der Einzelheiten des Berufungsvortrages wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 26.9.2017 (Bl. 237 ff. d.A.) verwiesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen ist (§ 538 II ZPO).
Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben. Die Ansicht des Landgerichts, die Klage sei wegen unrichtiger Bezeichnung des Vertretungsorgans der Beklagten unzulässig, erscheint nicht vertretbar (so schon OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.6.2017, 13 U 200/16 - juris). Das Landgericht hätte das Passivrubrum auf den Antrag der Klägerin berichtigen müssen.
Gemäß § 253 II Nr. 1 ZPO muss die Klageschrift u.a. die Bezeichnung der Parteien enthalten. Bei prozessunfähigen Parteien - wie hier der beklagten Gemeinde - ist die Angabe der gesetzlichen Vertreter erforderlich, soweit dies für die Zustellung erforderlich ist (vgl. Zöller/Greger ZPO, § 253 Rn 8 - mit weiteren Nachweisen). Ist die Partei oder nur ihr gesetzlicher Vertreter falsch bezeichnet, ist dies grundsätzlich unschädlich, wenn - wie hier - die Identität der Partei nicht zweifelhaft ist. In diesen Fällen hat das Gericht von Amts wegen auf eine Berichtigung hinzuwirken oder diese selbst durchzuführen (Zöller-Vollkommer ZPO, Vor § 50 Rn 7 - mit vielen weiteren Nachweisen; Musielak/Weth ZPO, § 50 Rn 7). Eine solche Rubrumsberichtigung ist in jeder Phase des Prozesses möglich (so schon: BGH, Urteil vom 24.11.1980, VIII ZR 208/79).
Es ist bereits unklar, warum das Mahngericht nicht vor der Zustellung des Mahnbescheids auf eine Berichtigung der Falschbezeichnung des Vertretungsorgans der Beklagten hingewirkt hat (vgl. dazu Zöller/Greger ZPO, § 254 Rn 23). Auf jeden Fall aber hätte das Landgericht das Passivrubrum auf den im Schriftsatz vom 18.3.2016 enthaltenen Antrag der Klägerin ohne weiteres berichtigen müssen.
Die Ansicht des Landgerichts, eine Berichtigung des Passivrubrums sei nicht mehr möglich, ist nach Ansicht des Senats rechtsfehlerhaft. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus der in Bezug genommenen Entscheidung des BGH vom 16.2.2009, II ZR 282/07 .
Nicht zu überzeugen vermag bereits die Auffassung des Landgerichts, die Rubrumsberichtigung sei deshalb nicht möglich, weil sich die Klägerin nicht in einem Irrtum befunden habe, als sie den Bürgermeister als Vertretungsorgan der Beklagten in der Klageschrift angab. Das Gegenteil ergibt sich gerade aus dem Umstand, dass § 71 I HGO ein anderes Vertretungsorgan bestimmt, und die ...