Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang der Aufklärungspflicht des Arztes bei gynäkologischen Operationen.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.07.2003; Aktenzeichen 2/21 O 116/98) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3.7.2003 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M. - Az. 2-21 O 116/98 - abgeändert.
Die Beklagten bleiben als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.000 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 8.4.1998 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zu 89 % und den Beklagten zu 11 % zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheit i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Schadensersatz wegen Behandlungsfehlern, insb. fehlender Indikation, bei drei vom Beklagten zu 1) durchgeführten gynäkologischen Operationen. Außerdem macht sie Aufklärungsmängeln geltend. Die Beklagte zu 2) ist der Krankenhausträger, bei welchem der Beklagte zu 1) seinerzeit angestellt war.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des LG Frankfurt/M. vom 7.3.2003 (Bl. 697-708 d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagten durch die genannte Entscheidung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 10.225,84 EUR = 20.000 DM verurteilt, weil die Klägerin vor der zweiten Operation nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Die Vorinstanz hat angenommen, dass alle drei Operationen indiziert gewesen seien und sich dabei auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. SV1 gestützt. Auch ein Fehler bei der Durchführung der Eingriffe sei dem Beklagten zu 1) nicht nachgewiesen worden. Vor der zweiten Operation sei die Klägerin indessen nicht rechtzeitig aufgeklärt worden, da sie erst einen Tag vor dem Eingriff informiert worden sei. Dies gelte insb. deshalb, weil die Klägerin sehr belastet gewesen sei. Sie habe sich im Zeitpunkt der Aufklärung bereits im Krankenhaus befunden und sei auf die Operation vorbereitet worden. Die Hysterektomie sei zudem nicht dringend gewesen. Der Schaden besteht nach Ansicht des LG in einer Verstärkung der psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin. Dies gehe aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. SV2 hervor. Die weiteren, von der Klägerin angegebenen Beschwerden könnten den Beklagten jedoch nicht zugerechnet werden, weil solche Beeinträchtigungen auch ohne die Operationen eintreten könnten. Die Feststellungsanträge hat das LG demgemäß für teilweise begründet erachtet.
Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Beklagten machen geltend, dass die Klägerin selbst die vom LG angenommene fehlerhafte psychische Verarbeitung der Hysterektomie in Abrede stelle.
Im Übrigen wiederholen sie ihre Verjährungseinrede. Ihrer Auffassung nach ist der Lauf der Verjährungsfrist bei Aufklärungsmängeln anders zu beurteilen als bei Behandlungsfehlern. Hier habe die Klägerin bereits zur Zeit der Aufklärung am Tag vor der Operation gewusst, dass sie erst einen Tag vor dem Eingriff über diesen informiert worden sei.
Zudem sei die Risikoaufklärung nicht verspätet erfolgt. Der BGH habe in seiner Entscheidung NJW 2003, 2012 f. die Aufklärung einen Tag vor der Operation nicht als verspätet angesehen. Außerdem handele es sich hier nicht um eine Risiko-, sondern um eine therapeutische Aufklärung, die einen Behandlungsfehler darstelle, wenn sie unterbleibe. Hier sei aber kein Schaden nachgewiesen, da unklar bleibe, ob die psychische Situation der Klägerin sich durch die unterbliebene Aufklärung verschlimmert habe oder nicht. Die Beklagten verweisen insoweit auf die Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. SV1 und Dr. SV2.
Sie beantragen, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Zum Einwand der Verjährung trägt sie vor, sie habe im Zeitpunkt der gebotenen Aufklärung nicht gewusst, welche Eingriffe der Beklagte zu 1) durchführen werde und ob diese Eingriffe indiziert gewesen seien oder nicht. Bei richtiger Aufklärung wäre sie in einen ernsthaften Entscheidungskonflikt geraten.
Es sei auch nicht richtig, dass ihr Gesundheitszustand durch die Hysterektomie nicht negativ beeinflusst worden sei. Sie sei nämlich seit Anfang August 1990 nicht mehr depressiv gewesen, wie sich aus dem Anästhesieprotokoll vom 17.6.1991 ergebe.
Zur Begründung ihrer eigenen Berufung trägt die Klägerin vor, dass für sämtliche drei Eingriffe keine medizinische Indikation bestanden habe. Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 sei fälschlicherw...