Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht bei einem knapp 14 Jahre alten Jungen.
Normenkette
BGB § 832
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 21.07.2004; Aktenzeichen 1 O 120/02) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.7.2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Limburg wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Wegen des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Zur Ergänzung des Sachverhalts ist auszuführen, dass der Beklagte zu 1) nach den Ermittlungsakten 21 Js 50083/99 Jug Staatsanwaltschaft Limburg, die beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, am ...1.1999 als Täter der jeweils am Nachmittag begangenen Brandstiftungen am ...1.1999 und am ...1.1999 ermittelt wurde (Bl. 26 ff, 44 ff. der Ermittlungsakten). Der Beklagten zu 5) war vor dem ...1.1999 bekannt, dass ihr Sohn A. - der Beklagte zu 1) - in der Schule wiederholt in Streitigkeiten mit Mitschülern und Schlägereien verwickelt war. Nachdem er im September 1998 einen Mitschüler krankenhausreif geschlagen hatte, erschien die Polizei bei der Beklagten zu 5). Der Beklagte zu 1) war in der Schule ferner dadurch aufgefallen, dass er den Unterricht störte und Lehrkräfte beleidigte.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte zu 5) den ihr obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt habe, da sie Art und Weise der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht nicht umfassend und konkret dargelegt habe.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu 5) als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 118.899,46 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.8.2000 zu zahlen.
Die Beklagte zu 5) hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, die Auffälligkeiten in der Schule hätten nicht auch Brandstiftungen erwarten lassen. Eine weiter gehende Überwachung ihres Sohnes sei nicht möglich und auch untunlich gewesen. Eine Neigung zu Eigentumsdelikten oder Brandstiftung sei beim Beklagten zu 1) nicht zu bemerken gewesen. Erstmals am ...1.1999 habe sie durch die Polizei von den Brandstiftungen Kenntnis erhalten. Weitere Straftaten seien ihr nicht bekannt gegeben worden.
Das LG hat die gegen die Beklagte zu 5) gerichtete Klage durch am 21.7.2004 verkündetes Urteil abgewiesen (Bl. 217-224 d.A.). Die Klägerin hat gegen das ihr am 22.7.2004 zugestellte Urteil am Montag, dem 23.8.2004 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 22.10.2004 an diesem Tage begründet.
Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin, dass das LG verkannt habe, dass die Beklagte zu 5) die Darlegungs- und Beweislast dafür trage, dass sich der Aufsichtspflicht genügt habe oder dass der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden wäre. Diesen Entlastungsbeweis habe die Beklagte nicht geführt, weil sie nicht dargelegt habe, was sie zur Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht getan habe. Wegen der Auffälligkeiten des Beklagten zu 1) in der Schule und wegen der von ihm über die Brandstiftungen hinaus begangenen Straftaten habe eine erhöhte Aufsichtspflicht bestanden. Sie behauptet, die Beklagte zu 5) sei darüber informiert worden, dass der Beklagte zu 1) innerhalb weniger Tage 6 Straftaten begangen habe (Beweis: Zeugnis KOK Z1).
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu 5) als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin 118.899,46 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit 15.8.2000 zu bezahlen.
Die Beklagte zu 5) beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt, insb. mit Schriftsatz vom 15.12.2004, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hinsichtlich Art und Weise ihrer Aufsicht über den Beklagten zu 1) vor.
Der Senat hat die Beklagte persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.4.2005 (Bl. 351-355 d.A.) und vom 23.5.2005 (Bl. 386-387 d.A.) sowie auf den Vermerk vom 25.5.2005 (Bl. 389 d.A.). Bezug genommen. Der Senat hat ferner Beweis erhoben durch Vernehmung der Herren Z2 und Z3 als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die genannten Sitzungsniederschriften (Bl. 356-360 und 382-386 d.A.) Bezug genommen.
II. Die Berufung ist nicht begründet. Das LG hat die Klage gegen die Beklagte zu 5) zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten zu 5) nicht nach § 832 BGB i.V.m. § 67 VVG Ersatz des vom Beklagten zu 1) verursachten und mit der Klage geltend gemachten Schadens beanspruchen.
Allerdings haftet die Beklagte zu 5) gem. § 832 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich für den von ihrem minderj...