Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.01.1996; Aktenzeichen 2/6 O 424/93)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26.1.1996 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin zwei Drittel und die Beklagten ein Drittel zu tragen. Von den Kosten der Berufungsinstanz haben die Klägerin 45 % und die Beklagten 55 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 25.272,86 DM und für die Beklagten 30.520,46 DM.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagten im Endergebnis kein Anspruch auf Restwerklohn aus dem Bauvertrag vom 2.5.1991 mehr zu.

1. Die mit der Klage geltend gemachte Werklohnforderung besteht nicht, wie das Landgericht angenommen hat, in Höhe von 55.793,32 DM, sondern nur in Höhe von 30.520,46 DM.

a) Ursprünglich stand der Klägerin nach den Feststellungen des Landgerichts ein Anspruch für Werkleistungen und die Lieferung von Baumaterialien von insgesamt 180.520,46 DM zu. Insoweit greifen die Parteien die Entscheidung des Landgerichts nicht an.

Zu dieser Forderung, die sich aus den im Bauvertrag genannten Preisen errechnet, ist ein Betrag für die gesetzliche Mehrwertsteuer nicht hinzuzurechnen. Eine ausdrückliche Vereinbarung des Inhalts, daß es sich bei der im Vertrag genannten Vergütung um einen Nettopreis handelt, zu dem noch die gesetzliche Mehrwertsteuer hinzutritt, haben die Parteien nicht geschlossen. Wie die Klägerin im Senatstermin am 18.9.1997 klarstellte, wurde bei den Vertragsverhandlungen und bei Abschluß des Vertrages nicht über die Bezahlung von Mehrwertsteuer gesprochen. In einem derartigen Fall kann der Werkunternehmer eine zusätzliche Vergütung für die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer nicht verlangen. Denn die vertragliche Festlegung der Vergütung umfaßt grundsätzlich die auf die Gegenleistung zu entrichtende Umsatzsteuer, falls nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist (BGH NJW 1991, 2484; Palandt/Heinrichs, 55. Aufl., BGB § 157 Rdn. 13 m.w.N.).

Eine (nachträgliche) Vereinbarung zwischen den Parteien über einen Anspruch der Klägerin, von dem Beklagten zusätzlich zu den Vertragspreisen einen Betrag in Höhe der Mehrwertsteuer verlangen zu können, ist nicht zustandegekommen. Sie kann insbesondere nicht in dem Umstand gesehen werden, daß die Beklagten eine Abschlagszahlung von 150.000,– DM an die Klägerin geleistet haben. Selbst wenn dieser Zahlung eine Abschlagsrechnung zugrundelag, die gesondert Mehrwertsteuer auswies, läßt sich dem Verhalten der Beklagten ein Geschäftswille zur Begründung einer zusätzlichen Zahlungspflicht in Höhe der gesetzlichen Umsatzsteuer nicht entnehmen. Danach handelt es sich bei der vom Landgericht festgestellten Forderung der Klägerin von 180.520,46 DM um den Bruttobetrag. Ausgehend von dem genannten Bruttobetrag belief sich die rechnerische Restforderung der Klägerin nach Abzug der Abschlagszahlung von 150.000,– DM auf 30.520,46 DM.

b) Der weitergehende Angriff der Beklagten gegen diese Werklohnforderung insgesamt ist unbegründet. Insbesondere steht dieser Restforderung nicht die Einrede der vorbehaltlosen Annahme der Schlußzahlung nach § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B entgegen. Zu Recht hat das Landgericht die Voraussetzungen dieser Einrede deshalb verneint, weil die Beklagten die Klägerin bei der Unterrichtung über die Schlußzahlung nicht auch auf die Ausschlußwirkung nach § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B hingewiesen haben. Nach § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B (1990) tritt die Ausschlußwirkung ohne einen entsprechenden Hinweis seitens des Auftraggebers nicht ein. Die VOB/B in der Fassung vom 1988, die das genannte Erfordernis nicht enthält, ist nicht anwendbar. Die Einbeziehung der VOB/B in den Bauvertrag vom 2.5.1991 bezieht sich auf die seinerzeit neueste Fassung. Das ergibt sich auch ohne ausdrückliche Erklärung aus den Umständen. Zur Zeit des Vertragsschlusses am 2.5.1991 waren die VOB/B in der Fassung von 1990 bereits seit geraumer Zeit veröffentlicht und bekannt geworden. Werden die VOB/B in einen Vertrag einbezogen, ist nach dem vermuteten Parteiwillen davon auszugehen, daß sich die Vereinbarung auf die derzeit geltende Fassung der VOB/B bezieht (§§ 133, 157 BGB). Das entspricht dem allgemeinen Rechtsgedanken, daß für Verträge diejenigen Bestimmungen gelten, die zur Zeit des Vertragsschlusses in Kraft sind (Art. 170 EGBGB, § 28 AGBG). Hingegen erscheint die Annahme, die Parteien hätten eine Fassung der VOB/B in den Vertrag einbeziehen wollen, die seit geraumer Zeit durch eine Neufassung ersetzt war, als fernliegend. Diese Annahme wird auch nicht dadurch gestützt, daß die Parteien vorliegend einen älteren Vordruck verwendeten, dessen außerhalb des Vertragstextes befindliche Kennziffer auf das Jahr 1988 hinweist und der zur Fälligkeit von Abschlagszahlungen eine Frist enthält, die der Regelung der VOB/B 1988, nicht aber der Fassung 1990...

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