Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des § 70 EheG bei Konventionalscheidungen

 

Normenkette

EheG § 70 Abs. 2, § 72

 

Verfahrensgang

AG Offenbach (Urteil vom 11.01.1989; Aktenzeichen 317 F 922/88)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Offenbach am Main vom 11.1.1989 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Am 13.5.1987 verstarb Herr … Z. Dieser war in erster Ehe mit der Beklagten verheiratet, der er auf Grund eines landgerichtlichen Vergleichs vom 14.3.1972 zu nachehelichem Unterhalt verpflichtet war. Die Nebenintervenientin ist die nunmehr verwitwete zweite Ehefrau. Für den Nachlaß sorgt der Kläger als Testamentsvollstrecker. Der Streit der Beteiligten dreht sich um die Frage, ob, und gegebenenfalls in welchem Umfange, die Nebenintervenientin der Beklagten zu weiterer Unterhaltszahlung verpflichtet ist.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

den vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2/6 R 111/70) am 14.3.1972 geschlossenen Vergleich dahin abzuändern, daß an die Beklagte ab dem 1.1.1988 nur noch Unterhalt in Höhe von monatlich 1.500,00 DM zu zahlen ist.

Die Nebenintervenientin, die dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten war, hat sich diesem Antrag angeschlossen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 11.1.1989 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Offenbach am Main die Klage abgewiesen.

Gegen dieses dem Kläger am 19.1.1989 zugestellte Urteil hat dieser am 20.2.1989, einem Montag, Berufung eingelegt, die er nach mehrfacher Gewährung einer Verlängerungsfrist am 21.6.1989 fristgemäß begründet hat.

Die Berufung der Nebenintervenientin hat der erkennende Senat mit Beschluß vom 23.2.1989 deswegen als unzulässig verworfen, weil das Rechtsmittel nicht, durch einen bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden war.

In der mündlichen Verhandlung des erkennenden Senats vom 12.10.1989 hat der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Nebenintervenientin erklärt, daß er die Berufungsbegründung und die Berufungserwiderung sowie die Terminsladung unmittelbar von dem Kläger bzw. dessen Vertreter erhalten habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Offenbach am Main vom 11.1.1989 abzuändern und den vor dem Landgericht Frankfurt am Main zum Aktenzeichen 2/6 R 111/70 am 14.3.1972 geschlossenen Vergleich dahingehend abzuändern, daß an die Beklagte ab dem 1.1.1988 nur noch Unterhalt in Höhe von monatlich 1.500,00 DM zu zahlen ist.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung des klägerischen Rechtsmittels.

Mit Beschluß vom 1. September 1989 hat das Landgericht Frankfurt am Main zum Aktenzeichen 2/9 T 870/89 festgestellt, daß der landgerichtliche Vergleich vom 14.3.1972 einen vollstreckungsfähigen Inhalt habe.

Im übrigen wird von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen und auf den gesamten Akteninhalt beider Instanzen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zwar gemäß §§ 511, 516, 519 ZPO zulässig, in der Sache selbst hat das Rechtsmittel jedoch deswegen keinen Erfolg, weil auch in zweiter Instanz die von § 70 Abs. 2 Ehegesetz 1946 geforderten Subsumtionstatsachen von der darlegungsbelasteten Klägerseite nicht in nachvollziehbarer Weise substantiiert vorgetragen worden sind. Deswegen kann es dahinstehen, ob der Testamentsvollstrecker klagebefugt ist, ob die Nebenintervenientin die einzige Erbin ist, ob der zuletzt von dem Kläger geltend gemachte Rechtsbehelf des § 323 ZPO vorliegend die richtige Klageart darstellt oder ob das Begehren der Klägerseite in § 767 ZPO anzusiedeln wäre.

Dreh- und Angelpunkt des Parteienstreits ist allein § 70 Ehegesetz, der für sogenannte Altscheidungen auch nach der Reform vom 14.6.1976/1.7.1977 weitergilt. Diese Vorschrift ist auch in concreto anzuwenden, obwohl die Beklagte von dem Erblasser auf ihren Widerklageantrag ohne Schuldausspruch gemäß § 48 Ehegesetz geschieden worden ist und deswegen an sich ein „gesetzlicher” Ehegattenunterhaltsanspruch nicht gegeben gewesen wäre (§ 61 Abs. 2 Ehegesetz). Bei bestimmten Fallkonstellationen mag die gleichwohl vereinbarte Unterhaltsverpflichtung eine Erstbegründung desselben darstellen (so der Fall des OLG Karlsruhe NJW 1962, 1774; vergl. ferner BGH LM Nr. 2 zu § 72 Ehegesetz). Eine an §§ 133, 157 BGB orientierte Auslegung des hier zu beurteilenden konkreten Vergleichstextes und des gesamten damaligen Kontextes, wie er sich in dem landgerichtlichen Ablaufsprotokoll vom 14.3.1972 widerspiegelt, ergibt jedoch für den hier vorliegenden konkreten Rechtstreit, daß der Parteiwille von der Vorstellung getragen war, daß der damaligen und jetzigen Beklagten in der Tat ein ursprünglicher gesetzlicher Unterhaltsanspruch zustand. Erst nachdem die Schuldfrage und die Scheidungsfolgen zwischen den damaligen Parteien ausgehandelt waren, hat man in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts vom 14.3.1972 die ursprünglichen Parteirollen gewec...

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