Leitsatz (amtlich)
Den Verkäufer eines Fußbodenvertrages trifft in der Regel keine eigene Überprüfungspflicht hinsichtlich der Eignung bestimmter Kleber. Er kann sich bei einer Beratung seinen Käufer auf entsprechende Empfehlungen der Kleberhersteller verlassen, es sei denn, es ergeben sich Anhaltspunkte, dass diese Empfehlungen unzutreffend sein könnten.
Normenkette
BGB § 433
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 20.10.2004; Aktenzeichen 3 O 544/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20.10.2004 verkündete Urteil des LG Gießen - Az.: 3 O 544/99 - abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.783,54 EUR nebst 10 % Zinsen seit dem 16.7.1999 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung des Kaufpreises für die Lieferung von Fußbodenbelägen.
Wegen der in erster Instanz getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand des am 20.10.2004 verkündeten landgerichtlichen Urteils (Bl. 395 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für die von ihr gelieferte Ware nicht zustehe. Zwar könne sich der Beklagte nicht auf ein Minderungsrecht gem. § 462 BGB berufen, da nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ein Fehler des Lineoleumbelages nicht festzustellen sei. Nach den Gutachten der Sachverständigen SV1 und Prof. SV2 und dem Materialgutachten des A. scheide der Belag als Ursache für die nach der Verlegung aufgetretene Stippkantenbildung aus. Hierfür sei nach der chemischen Untersuchung des Sachverständigen Prof. SV2 vielmehr ein in dem verwendeten Klebstoff X vorhandenes Lösungsmittel verantwortlich. Nach Auffassung des Sachverständigen sei der Klebstoff wegen des enthaltenen Lösungsmittels Phenoxyethanol nicht für das Verkleben von Lineoleum geeignet. Die Klägerin hafte dem Beklagten aber wegen der fehlerhaften Auskunft, dieses Lösungsmittel könne für die Verlegung des verkauften Fußbodenbelages verwendet werden. Mit dieser unzutreffenden Mitteilung habe die Klägerin ihre vertraglichen Nebenpflichten aus dem Kaufvertrag verletzt und sei daher nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet. Dass der Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge Z1, diese Erklärung ggü. einem Mitarbeiter der Beklagten abgegeben habe, stehe nach der Aussage des Zeugen Z2 fest. Während dieser Zeuge noch eine konkrete Erinnerung an das fragliche Telefonat gehabt habe, sei dies bei dem gegenbeweislich vernommenen Zeugen Z1 nicht der Fall gewesen; dieser habe aber nicht ausschließen können, dass es ein Gespräch mit dem Zeugen Z2 gegeben habe. Da die Klägerin in ihren Verlegeempfehlungen hinsichtlich geeigneter Klebstoffe u.a. auf ihren Beratungsservice hinweise, könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei einer solchen Beratung lediglich die Freigabeerklärung des Herstellers mitgeteilt werde, so wie das der Zeuge Z1 bekundet habe. Da die Klägerin diesen speziellen Beratungsservice anbiete, habe der Beklagte davon ausgehen können, dass die Klägerin für die von ihr erteilten Auskünfte rechtlich auch habe einstehen wollen. Aus der Verletzung dieser Beratungspflicht sei dem Beklagten ein Schaden in Form von Aufwendungen für letztlich erfolglose Nachbesserungsarbeiten entstanden. Den Umfang dieser Arbeiten habe der Beklagte durch Vorlage von Stunden- und Materialzetteln nachvollziehbar dargetan; die Zeugen Z2, Z3 und Z4 hätten den Sachvortrag des Beklagten insoweit auch bestätigt. Das Gericht hat den Betrag abzgl. der geschätzten Gewinnmarge des Beklagten von 20 % bei Stundensätzen und Material sowie der nicht angefallenen Mehrwertsteuer auf 14.130,39 EUR geschätzt. Mit einer Forderung in dieser Höhe habe der Beklagte die Aufrechnung erklärt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie ist der Auffassung, das LG habe die erhobenen Beweise unzureichend gewürdigt, so dass die Feststellungen rechtsfehlerhaft seien. Aus der Aussage des Zeugen Z2 lasse sich gerade nicht ableiten, dass die Klägerin den verwendeten Klebstoff X der Fa. B. GmbH frei gegeben habe. Der Zeuge habe keine konkrete Erinnerung an den Wortlaut des Telefonates mit dem Mitarbeiter der Klägerin gehabt. Allein aus der Erklärung des Zeugen, er hätte die Arbeiten sofort eingestellt, wenn die Freigabe nicht erklärt worden sei, lasse sich nicht der Schluss ziehen, dass die Klägerin eigenverantwortlich die unbeschränkte Verwendbarkeit des Klebstoffes habe bestätigen wollen. Auch bei einem Hinweis auf die Freigabe durch den Hersteller wäre die Äußerung des Zeugen Z2 nachvollziehbar. Soweit der Zeuge davon "ausgegangen sei, dass die Freigabe durch den Lineoleumhersteller erfolgt sei", habe er nicht darlegen können, auf welcher Tatsachengrundlage diese Annahme beruhe. Die Bezugnahme auf "Kladden" der Klägerin, aus denen sich ergebe, welche Klebstoffe geeignet sind, sei nicht ...