Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 04.03.2002; Aktenzeichen 4 O 48/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers gegen das am 4.3.2002 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Gießen werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.5.2000 abzüglich am 21.6.1999 gezahlter 2.000,00 DM zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 86 %, die Beklagten 14 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt jeweils nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht jeweils die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfallereignisses vom 11.2.1999 in Anspruch, wobei er die Angemessenheit der Höhe des Schmerzensgeldes mit mindestens 50.000,00 DM angibt. Des Weiteren begehrt er die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich weiteren materiellen und immateriellen Schadens aus dem Unfallereignis.
Der zum Unfallzeitpunkt 42jährige Kläger befuhr mit seinem Pkw Audi A 6 die Hauptstraße in B. D. in Fahrtrichtung B. und beabsichtigte, nach rechts in die M.straße abzubiegen. Nachdem der Kläger die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges in Vorbereitung des Abbiegemanövers verlangsamt hatte, fuhr das bei den Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug auf. Das Fahrzeug des Klägers wurde dabei im Heckbereich beschädigt. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von 2.099,21 DM, den die Beklagten dem Kläger ersetzten. Zudem zahlten die Beklagten an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,00 DM.
Der Kläger erlitt infolge des Auffahrunfalles ausweislich des Berichts des Durchgangsarztes Dr. S. vom Unfalltag (Bl. 161 d.A.) eine Beschleunigungsverletzung in Form einer HWS-Distorsion. Die dieser Feststellung zu Grunde liegende Bildgebung ergab eine leichte Steilstellung der Wirbelsäule ohne knöcherne Verletzungen.
Zum Unfallhergang hat der Kläger behauptet, das bei den Beklagten versicherte Fahrzeug sei ungebremst mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 km/h auf sein sich mit mäßiger Geschwindigkeit bewegendes Fahrzeug aufgefahren. Zum Kollisionszeitpunkt habe er sich bereits im Abbiegevorgang befunden.
Hinsichtlich der durch den Unfall erlittenen Verletzungen und Beschwerden hat der Kläger behauptet, er habe unfallbedingt ein Halswirbelsäulen- und Labyrinthtrauma (Cervico-Cephales-Syndrom) mit einer posttraumatischen Instabilität des craniocervicalen Überganges erlitten. Er hat sich hierfür auf Arztberichte von Dr. V. v. 12.5.2000 (Bl. 9 f. d.A.) und Dr. M. vom 19.1.2001 (Bl. 22 ff. d.A.) berufen. In Folge dieser Verletzung leide er nach wie vor u.a. an Schwindelerscheinungen, Gleichgewichtsstörungen, Spannungskopfschmerzen, Tinnitus, einer Funktionsstörung der Kiefergelenke, Taubheitsgefühlen in den Händen sowie visuellen Störungen bei sich schnell bewegenden Bildern und in der Folge an Erschöpfungszuständen, sowie Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, die zu insgesamt zu einer eingeschränkten Belastbarkeit geführt hätten, die wiederum ein Mobbingverhalten seiner Arbeitskollegen und bei ihm selbst Frustrationseffekte hervorgerufen hätte.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen; an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld abzüglich am 21.6.1999 gezahlter 2.000,00 DM nebst 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.5.2000 zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren materiellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 11.2.1999 zu erstatten.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, das Fahrzeug des Klägers sei bei der Kollision lediglich um 4–5 km/h beschleunigt worden. Daher könnten die von dem Kläger vorgetragenen Verletzungen und Beschwerden, die sie bestreite, jedenfalls nicht durch den Unfall verursacht worden sein.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. W..
Das Landgericht hat mit seinem am 4.3.2002 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, bei einer von dem Sachverständigen Wissler festgestellte kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung des Fahrzeuges des Klägers von etwa 2–4 Km/h könne eine biomechanische Belastung der Fahrzeuginsassen, die zu einer Verletzung der Halswirbelsäule führe, nicht angenommen werden.
Geschwindigkeitsänderungen von unter 10 km/h seien unschädlich.
Gegen dieses ihm am 22.3.2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 19.4.2002 eingelegte und am 21.5.2002 begründete Berufung des...