Leitsatz (amtlich)

1. Behält der Besteller das Werk und lässt den Mangel nicht beseitigen, kann der Schaden ausgehend von der für das Werk vereinbarten Vergütung anhand der Vergütungsanteile bemessen werden, die auf die mangelhafte Leistung entfallen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 22.02.2018, VII ZR 46/17).

2. Ergeben sich die Vergütungsanteile, die auf die mangelhafte Leistung entfallen, nicht aus dem Bauvertrag, sind sie gemäß § 287 ZPO zu schätzen.

3. Bei der Schadensschätzung ist das dem Besteller verbleibende Material, soweit diesem noch ein wirtschaftlicher Wert zukommt, zu berücksichtigen.

4. Dem Besteller, der im erstinstanzlichen Verfahren seinen Schaden anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten dargelegt hat, ist im Berufungsverfahren unter Hinweis auf die geänderte Rechtsprechung Gelegenheit zu geben, seinen Schaden anderweitig darzulegen und zu beziffern.

 

Normenkette

BGB §§ 280-281, 634 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Entscheidung vom 21.09.2016; Aktenzeichen 23 O 148/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.09.2016 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Darmstadt teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.465,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 05.09.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, mit Ausnahme der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, haben der Kläger 45 % und die Beklagte 55 % zu tragen. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 35 % und die Beklagte 65 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 17.450,56 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht der X GmbH auf Schadensersatz wegen mangelhafter Bodenbelagsarbeiten im Café X in Stadt1 in Anspruch.

Die Zedentin beauftragte die Beklagte aufgrund der Angebote der Beklagten vom 13.02.2012 (Anlage K 1, Bl. 6 d. A.), vom 14.02.2012 (Anlage K 2, Bl. 8 d. A.) und vom 15.02.2012 (Anlage K 3, Bl. 10 d. A.) mit der Ausführung verschiedener Bodenbelagsarbeiten. Die Auftragssumme betrug insgesamt 17.515,00 EUR netto (Schreiben vom 21.02.2012, Anlage K 4/Bl. 12 d. A.).

Nach Durchführung der Arbeiten rügte die Zedentin verschiedene Mängel und beantragte die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (.../12).

Im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens hat der Sachverständige festgestellt, dass aufgrund der Mängel der Fußboden im Erdgeschoss zurückzubauen und alle Trennschichten von den Untergründen zu beseitigen sind. Hierfür sowie für den Neueinbau des Parketts fielen Nettokosten in Höhe von 20.833,67 EUR an.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils (Bl. 90 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit am 21.09.2016 verkündetem Urteil, der Beklagten zugestellt am 26.09.2016, hat das Landgericht der Klage in Höhe von 17.450,56 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Zur Begründung führt das Landgericht im Wesentlichen aus, der Sachverständige habe im selbständigen Beweisverfahren festgestellt, dass der von der Beklagten verlegte Parkettboden Mängel aufweise. Die Einholung eines weiteren Ergänzungsgutachtens sei nicht erforderlich gewesen. In dem Schreiben der Beklagten vom 09.05.2012 sei eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Beklagten zu sehen. Der Schadensersatzanspruch sei der Höhe nach anhand der vom Sachverständigen festgestellten Mängelbeseitigungskosten von 20.833,67 EUR netto zu bemessen. Hiervon sei der unstreitig offene Werklohn in Höhe von 3.433,11 EUR abzuziehen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil vom 21.09.2016 (Bl. 92 ff. d. A.) Bezug genommen.

Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.10.2016 (Bl. 103 d. A.), eingegangen bei Gericht am 20.10.2016, Berufung eingelegt, die er - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch den Senat bis zum 28.12.2016 - mit Schriftsatz vom 09.12.2016 (Bl. 119 ff. d. A.), eingegangen bei Gericht am 12.12.2016, begründet hat. Hinsichtlich der einzelnen Einwände gegen das angefochtene Urteil wird auf die Berufungsbegründung vom 09.12.2016 (Bl. 119 ff. d. A.), den Schriftsatz vom 13.04.2018 (Bl. 200 f. d. A.) und den Schriftsatz vom 31.07.2018 (Bl. 233 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LG Darmstadt vom 21.09.2016, Az. 23 O 148/16 im Kostenpunkt aufzuheben und im Übrigen dahingehend abzuändern, dass die Klage kostenpflichtig abgewiesen wird.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Auf die Schriftsätz...

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