Leitsatz (amtlich)

Wenn der Auftragnehmer zusätzlich zu der vereinbarten Sicherheit noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht, hat dies auf die Wirksamkeit der Bürgschaft keinen Einfluss. Die gewünschte Absicherung wäre entwertet, wenn der Auftraggeber sich ohne Rücksicht auf weitere durchsetzbare Ansprüche sofort aus der Sicherheit befriedigen müsste.

 

Normenkette

VOB/B § 17

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 30.11.2005; Aktenzeichen 10 O 154/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.11.2005 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin schloss mit der Firma A GmbH, über deren Vermögen im Jahr 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, am 8.10.1999 einen Generalunternehmervertrag, aufgrund dessen die Firma A GmbH die schlüsselfertige Sanierung der Gebäude ... straße ... und ... in O1 zu einem Pauschalfestpreis von 1.120.689,66 DM übernahm.

Am 7.8.2000 nahm die Klägerin die Bauleistungen hinsichtlich des Hauses ... straße ... ab. Am 19.8.2000 übernahm die Beklagte hinsichtlich der Bauleistungen im Hause ... straße eine schriftliche Gewährleistungsbürgschaft von 41.598 DM, welche der Klägerin nach ihrem Vorbringen am 20.8.2000 zuging. Mit Schreiben vom 11.9.2000 teilte die Klägerin der Firma A GmbH mit, dass sie am 8.9.2000 weitere Mängel festgestellt habe. Am 19.9.2000 nahm die Klägerin eine Schlussrechnungsprüfung vor, setzte die vereinbarte Sicherheit von 41.598 DM (5 %) sowie weitere 10.000 DM für Restmängel ab und kam zu einem Restbetrag von 20.868,84 DM. Diesen sowie den Sicherheitseinbehalt von 41598 DM zahlte sie am 20.9.2000 an die Firma A GmbH aus. Am 20.9.2000 rügte die Klägerin weitere Mängel. Am 21.12.2000 wies die Klägerin den Insolvenzverwalter der Firma A GmbH darauf hin, dass sie wegen der nicht beseitigten Mängel einen Betrag von 10.000 DM einbehalte. Für die Ersatzvornahme zur Beseitigung dieser Mängel wandte die Klägerin 11.330,14 EUR auf. Nachdem die Klägerin den Insolvenzverwalter der Firma A GmbH am 3.5.2004 unter Fristsetzung zum 18.6.2004 erfolglos zur Mängelbeseitigung aufgefordert hatte - im Jahre 2003 waren ihm weitere Mängel angezeigt worden - hat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 7.92004 und 11.2.2005 zur Zahlung des Betrages aus der Gewährleistungsbürgschaft (21.268,72 EUR) aufgefordert.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Austauschsicherheit habe lediglich unter der aufschiebenden Bedingung gestanden, dass der Sicherheitseinbehalt ungekürzt ausgezahlt wird. Für vorhandene Mängel habe die Klägerin unabhängig von dem Sicherheitseinbehalt von ihrem gesetzlichen Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen dürfen, weil die Firma A GmbH noch das Recht gehabt habe, die Mängel selbst zu beseitigen. Es liege kein Verstoß gegen die Sicherungsabrede vor.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Gewährleistungsbürgschaft sei unwirksam geworden, da sie unter der aufschiebenden Bedingung gestanden habe, dass die Klägerin den Werklohn in voller Höhe auszahle. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, auch die einbehaltenen 10.000 DM auszuzahlen, da auch die am 8.9.2000 festgestellten Mängel vom Haftungsumfang der Bürgschaft umfasst gewesen seien.

Durch das angefochtene Urteil hat das LG der Klage auf Auszahlung der Bürgschaftssumme stattgegeben (abgewiesen wurden 510,28 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass mit der Rechtsprechung des BGH davon auszugehen sei, dass die Gestellung einer Bürgschaft als Austauschsicherheit unter der auflösenden Bedingung stehe, dass der Auftraggeber seiner Verpflichtung zur Auszahlung des Bareinbehalts nachkomme. Nur unter dieser Voraussetzung sei es für den Auftragnehmer sinnvoll, sein Austauschrecht in Anspruch zu nehmen. Die ihn belastenden Avalzinsen der Bürgschaft könne er nur aufwenden, wenn er Bargeld erhalte.

Der vereinbarte und in der Schlussrechnung ausgewiesene Sicherheitseinbehalt (41.598 DM) sei nach der Übergabe der Bürgschaft ausgezahlt worden. Die Kl. habe nicht gegen die Sicherungsabrede verstoßen, indem sie weitere 10.000 DM einbehalten hat. Durch die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung würden gesetzliche Zurückbehaltungsrechte nicht ausgeschlossen. Letztere dienten bereits entstandener Gewährleistungsansprüche, während die Sicherheitsleistung der Sicherung zukünftig auftretender Mängel diene. Der Sicherungsfall sei eingetreten, so dass die Klage begründet sei.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, dass das LG die BGH-Rechtsprechung (BGH v. 13.9.2001 - VII ZR 467/00, MDR 2001, 1347 = BGHRe...

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