Normenkette
EGV 1924/2006 Art. 2 Abs. 2 Nr. 5, Art. 5 Abs. 2, Art. 10 Abs. 1, 3, Art. 13 Abs. 1, 3, Art. 14, 28 Abs. 5-6; UWG §§ 3a, 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, § 12 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 246.2020, 312 O 145/20) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 24.06.2020, Az. 312 O 145/20, abgeändert:
Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), verboten,
im geschäftlichen Verkehr zu werben und/ oder werben zu lassen für
1. "..." mit folgenden Angaben:
1.1. "Verbesserte Konzentration"
und/oder
1.2. "Reduziert Müdigkeit"
sofern dies geschieht wie in Anlage A,
und/oder
2. "... ..." mit folgenden Angaben:
2.1. "Verbesserte Konzentration"
und/oder
2.2. "Reduziert Müdigkeit"
sofern dies geschieht wie in Anlage B,
und/oder
3. "..." mit folgenden Angaben:
3.1. "Verbesserte Konzentration"
und/oder
3.2. "Reduziert Müdigkeit"
sofern dies geschieht wie in Anlage C,
und/oder
4. "..." mit folgenden Angaben:
4.1. "Verbesserte Konzentration"
und/oder
4.2. "Reduziert Müdigkeit"
sofern dies geschieht wie in Anlage D.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Erlass- und des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf EUR 500.000,00 festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien vertreiben Erfrischungsgetränke und streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Angaben
"Verbesserte Konzentration"
und
"Reduziert Müdigkeit"
auf den Verpackungen der von der Antragsgegnerin vertriebenen Produkte ... HDZ, ... ..., ... und .... Bei den streitgegenständlichen Produkten handelt es sich um koffeinhaltige Erfrischungsgetränkte, die in Dosenform im Einzelhandel angeboten werden. Die Produkte enthalten jeweils die Vitamine B3 (Niacin), B6 und B12.
Auf einer Seite der Getränkedosen sind versetzt sieben Symbole mit kurzen Erläuterungen abgebildet, darunter die verfahrensgegenständlichen Angaben. Über der Angabe "Verbesserte Konzentration" befindet sich die Angabe "160 mg natürliches Koffein" und unter der Angabe "Reduziert Müdigkeit" die Angabe "B-Vitamine B3.B6.B12". Im Fließtext auf der Rückseite der Dose heißt es über der Nährwerttabelle unter anderem "...* ist mit Koffein und B-Vitaminen hergestellt. Koffein hilft, die Aufmerksamkeit zu steigern und die Konzentration zu verbessern. Niacin, Vitamin B6 und Vitamin B12 können zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung sowie zu einem normalen Energiestoffwechsel beitragen.". Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen ASt 3 bis 6 (= Anlagen A bis D) Bezug genommen.
Für Niacin, Vitamin B6 und Vitamin B12 ist die gesundheitsbezogene Angabe "trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei" zugelassen worden.
Für Koffein sind mehrere Zulassungsanträge i.S.d. Art. 28 Abs. 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (nachfolgend: HCVO) anhängig (sog. "On Hold"-Claims). Insbesondere ist unter der ID 1491 ein Zulassungsantrag gestellt worden, in dem es unter dem Punkt "Example of wording" (deutsch: Wortbeispiel) heißt: "enhances (...) concentration" (deutsch: verbessert die Konzentration). Zu den Einzelheiten des Zulassungsantrages ID 1491 wird Bezug genommen auf die Anlagen ASt 16 und AG 6.
Die verfahrensgegenständlichen Produkte werden seit Februar 2020 in Deutschland vertrieben.
Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin mit anwaltlichem Schreiben vom 6. Mai 2020 (Anlage ASt 8) erfolglos abmahnen lassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Angaben um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nummer 5 HCVO handele, welche gemäß Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung verboten seien. Zwar seien für Niacin, Vitamin B6 und Vitamin B12 gesundheitsbezogene Angaben genehmigt worden. Allerdings seien die hier beanstandeten Angaben produktbezogen zu verstehen. Für die gesamte Rezeptur existiere - was unstreitig ist - keine entsprechende Zulassung.
Nachfolgend hat die Antragstellerin den vorliegenden Verfügungsantrag vom 22. Mai 2020 gestellt und ergänzend ausgeführt, dass die verwendeten Angaben - selbst wenn sie nicht produktbezogen zu verstehen seien - den genehmigten bzw. beantragten Claims auch nicht sinngemäß entsprächen bzw. deren Verwendungsbedingungen nicht erfüllten.
Die Antragstellerin hat beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung - bei Vermeidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten,
im geschäftlichen Verkehr zu werben und/ oder werben zu lassen für
1. "..." mit folgenden Angaben:
1.1. "Verbesserte Ko...