Leitsatz (amtlich)

Einem Antrag auf Überlassung der Ehewohnung gemäß § 1568a BGB fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, wenn sich die Eheleute zwar prinzipiell über die künftige Nutzung der Ehewohnung einig sind, der Antragsgegner jedoch nicht an der Entlassung aus dem Mietverhältnis gemäß § 1568a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB mitwirkt, denn Ziel des Antrags ist eine endgültige Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung.

 

Normenkette

BGB § 1568a Abs. 3 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Hamburg (Beschluss vom 27.07.2020; Aktenzeichen 414 F 134/20)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - Bergedorf vom 27. Juli 2020 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu Ziffer 1. des Beschlusses lautet:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, die von den Beteiligten gemietete Wohnung [...] der Antragstellerin zur alleinigen Nutzung zu überlassen. Die Antragstellerin setzt das Mietverhältnis mit den weiteren Beteiligten allein fort.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Fortsetzung des Mietverhältnisses ihrer Ehewohnung.

Die Beteiligten waren miteinander verheiratet. Aus der Ehe ist eine inzwischen volljährige Tochter hervorgegangen. Die Beteiligten sind seit dem 6. September 2019 rechtskräftig geschieden. Gemeinsam mieteten sie vom inzwischen verstorbenen Vater der Antragstellerin die Ehewohnung an. Während der Ehezeit führte der Antragsgegner auch sein Gewerbe aus den Räumlichkeiten der Ehewohnung heraus. Er zog Mitte des Jahres 2019 aus der Wohnung aus, ließ jedoch teilweise ihm gehörende Gegenstände in den Räumlichkeiten zurück und zahlte bis Ende Dezember 2019 Teile der Miete. Darüber hinaus kümmerte er sich abwechselnd mit der Antragstellerin um die in der Ehewohnung lebenden gemeinsamen Hunde. Die Antragstellerin und - nach ihrer Rückkehr aus den USA - die gemeinsame Tochter leben weiterhin in der Wohnung.

Im Januar 2020 kam es zu einem E-Mail-Wechsel des Antragsgegners mit dem vom Vermieter eingesetzten Verwalter der Wohnung. Darin meldete sich der Antragsgegner zunächst "offiziell" ab und bedankte sich für die Zusammenarbeit in der Vergangenheit. Es seien nur Teile des Hausrates abzuholen oder zu entsorgen. Die Verwaltung fragte nach der Räumung eines Kellerraumes und teilte mit, dass bis zum jetzigen Zeitpunkt eine Teilkündigung des Mietverhältnisses nicht vorliege und wies darauf hin, dass der Antragsgegner damit formal weiterhin Mieter sei. Er wurde gebeten mitzuteilen, ob eine Teilkündigung des Mietverhältnisses geplant sei. Darauf teilte der Antragsgegner mit, dass es einer Kündigung seinerseits nicht bedürfe. Diese könnte das fortbestehende Mietverhältnis sogar nachteilig beeinflussen. Wegen der Einzelheiten des E-Mail-Wechsels wird auf die Anlage AG 1 verwiesen.

Unter dem 12. Februar 2020 wies die Antragstellervertreterin den Antragsgegnervertreter darauf hin, dass der Antragsgegner die Wohnung noch nicht geräumt habe. Darüber hinaus habe der Verwalter der Wohnung dem Antragsgegner angeboten, ihn aus dem Mietvertrag zu entlassen. Dies habe sein Mandant abgelehnt. Sie forderte ihn auf, bis zum 29. Februar 2020 das Mietverhältnis über den Verwalter zu beenden und ihrer Mandantin die Schlüssel der Wohnung auszuhändigen. Andernfalls werde sie ein Wohnungszuweisungsverfahren einleiten. Eine Reaktion seitens des Antragsgegners erfolgte nicht.

Die Antragstellerin hat unter dem 30. April 2020 beantragt, ihr die Ehewohnung zuzuweisen. Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Er halte sich seit Ende Juni 2019 nicht mehr in der Wohnung auf und habe lediglich absprachegemäß einen Satz Schlüssel behalten, um die gemeinsamen Hunde auszuführen. Er verweigere auch nicht seine Entlassung aus dem Mietvertrag. Eine einseitige Kündigung sei allerdings unzulässig und eine gemeinsame Kündigung sei nicht gewollt. Eine einseitige Entlassung sei ihm vom Vermieter nicht angeboten worden.

Eine Einigung ließ sich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht nicht erzielen. Insbesondere bestand Uneinigkeit darüber, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Im Anschluss an den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht überreichte der Antragsgegner der Antragstellerin die restlichen Schlüssel für die Wohnung.

Mit Beschluss vom 27. Juli 2020 hat das Amtsgericht der Antragstellerin die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen. Darüber hinaus hat es den Antragsgegner zur Übergabe der Schlüssel verpflichtet.

Gegen den Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde. Der Antrag sei von vornherein unbegründet gewesen. Die Voraussetzungen des § 1568a BGB lägen nicht vor. Die Antragstellerin sei nicht darauf angewiesen, in der ehemaligen Ehewohnung verbleiben zu können. Sie sei auch nicht schutzbedürftig, da sie praktisch Miteigentümerin der Wohnung sei. Es habe auch keinen Streit und keine ungeklärte Situation ü...

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