Entscheidungsstichwort (Thema)
Darstellungsanforderungen an die Verfahrensrüge einer Blutentnahme durch einen Polizeibeamten unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt
Leitsatz (amtlich)
›1. Zu den Darstellungsanforderungen an die Verfahrensrüge, ein Polizeibeamter habe unter sowohl systematischem als auch einzellfallbezogenem Verstoß gegen den Richtervorbehalt eine Blutentnahme bei dem Beschuldigten angeordnet (hier namentlich bei konkret in Betracht kommendem Nachtrunk).
2. Ist - im Sinne der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2007, 1345) zu § 81 a Abs. 2 StPO unzulässigerweise - eine Blutprobenentnahme durch eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft statt durch den zuständigen Richter angeordnet worden, so liegt die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes für den Nachweis der Blutalkoholkonzentration im wegen Trunkenheit im Verkehr geführten Strafverfahren regelmäßig fern.
3. Jedenfalls findet die so genannte Widerspruchslösung auch bei einer trotz Fehlens von Gefahr im Verzuge durch eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft angeordneten Blutprobenentnahme Anwendung.‹
Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 04.09.2007) |
Gründe
I.
Das Amtsgericht Hamburg hat den Angeklagten am 19. April 2007 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 70,-- EUR unter Bewilligung monatlicher Ratenzahlung von 175,-- EUR verurteilt und dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezogen sowie eine Sperre von drei Monaten verhängt.
Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht durch das mit der Revision angefochtene Urteil vom 4. September 2007 mit der Maßgabe verworfen, dass die Anzahl der Tagessätze auf 25 bemessen worden ist. Nach Schuldspruch und Feststellungen hatte der Angeklagte vorsätzlich im Verkehr ein Fahrzeug geführt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen, indem er am 17. Juni 2006 unter Alkoholeinfluss (Blutalkoholgehalt zur Tatzeit 2,58 bzw. im Hinblick auf § 21 StGB 3,2 Promille) seinen Personenkraftwagen über die Strecke von etwa 40 Kilometern von der Wstraße in Hamburg-S bis zu seinem Wohnhaus in J. lenkte (§ 316 Abs. 1 StGB).
II.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Verfahrensrüge und Sachrüge keinen tragenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der näheren Erörterung bedarf nur die Beanstandung, das Landgericht habe die auf einen Beweisantrag - der Polizeibeamte J. habe die bei dem Angeklagten erfolgte Blutentnahme angeordnet, ohne den Richtervorbehalt des § 81 a StPO zu beachten; die Polizei in B. untergrabe systematisch § 81 a StPO und lasse dadurch den Richtervorbehalt "ins Leere laufen"; sie entscheide stets in eigener Verantwortung über die Anordnung der Blutentnahme, ohne dass Gefahr im Verzuge wäre - zugesagte Wahrunterstellung nicht eingehalten und außerdem das aus dem Richtervorbehalt des § 81 a StPO sich hier ergebende Beweisverwertungsverbot rechtsfehlerhaft verkannt (geltend gemacht als Verstöße gegen die §§ 244 Abs. 3 S. 2 und 81 a StPO, Art. 19 Abs. 4 GG).
Die Verfahrensrüge ist nicht in der gemäß § 344 Abs. 2 S. 2 StPO gebotenen Weise angebracht worden. Sie wäre im Übrigen auch unbegründet.
1. Die Voraussetzungen schon eines Beweiserhebungsverbots sind nicht vorgetragen.
a) Das Landgericht hat bezüglich des als wahr zu unterstellenden beweisanträglichen Vorbringens des Angeklagten in den - dem Senat bereits auf Grund der Sachrüge zugänglichen - Urteilsgründen ausgeführt: Die "Strafbarkeit" sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil entsprechend dem Vortrag der Verteidigung die entnommene Blutprobe auf Grund einer Anordnung durch den polizeilichen Zeugen J. vorgenommen worden sei. Mit Beschluss vom 12. Februar 2007 habe das Bundesverfassungsgericht (NJW 2007, 1345) unter anderem erkannt, dass die Blutprobenentnahme nach § 81 a StPO grundsätzlich der Anordnungskompetenz des Richters unterliege; die Strafverfolgungsbehörden seien regelmäßig verpflichtet, eine Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen, bevor sie selbst eine Blutprobenentnahme anordneten. Weiter habe das Bundesverfassungsgericht gleichwohl ausgeführt, die - nach § 81 a Abs. 2 StPO eine Eingriffskompetenz der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungspersonen begründende - Gefährdung des Untersuchungserfolgs müsse mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen und in den Ermittlungsakten zu dokumentieren seien, sofern die Dringlichkeit nicht evident sei. Gerade die Ausnahme aus dem letzten Halbsatz treffe vorliegend zu. Den Gerichten sei in Verkehrssachen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung aufgegeben, bei einer Rückrechnung von einem Abbauwert von 0,1 Promille pro Stunde bzw. 0,2 Promille pro Stunde auszugehen, je nachdem, was für den Angeklagten konkret - bezogen auf objektiven Straftatbestand und Schuldfähigkeit - als ihm günstig dem Gru...