Entscheidungsstichwort (Thema)
Abstammungsverfahren: Bestellung eines Ergänzungspflegers für ein minderjähriges Kind
Leitsatz (amtlich)
Im Abstammungsverfahren der Mutter gegen den Ehemann ist dem beteiligtem Kind ein Ergänzungspfleger zu bestellen.
Normenkette
BGB § 1629 Abs. 2 S. 1, § 1795 Abs. 1 Nr. 3, § 1909; FamFG § 151 Nr. 5
Verfahrensgang
AG Hamburg-Harburg (Beschluss vom 11.11.2009; Aktenzeichen 631 F 349/09) |
Tenor
Die Beschwerde vom 16.11.2009 gegen den Beschluss des AG Hamburg-Harburg, Familiengericht, vom 11.11.2009 (Geschäftsnummer 631 F 349/09) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Wirkungskreis der eingerichteten Ergänzungspflegschaft lautet "Vertretung des Kindes im Abstammungsverfahren".
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert beträgt 3000 EUR .
Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.
Gründe
1. Die Beteiligte zu 1) und der Beteiligte zu 2) sind verheiratet, leben jedoch bereits seit Oktober 2008 voneinander getrennt. Die Beteiligte zu 1) nahm ein Verhältnis zu dem Beteiligten zu 3) auf. Am 19.7.2009 wurde die Beteiligte zu 4) geboren.
Mit ihrem im Oktober 2009 beim Familiengericht eingegangenen, als Klage gegen die Beteiligten zu 2) und 3) bezeichneten Antrag erstrebt die Beteiligte zu 1) - der aufgrund einer familiengerichtlichen Entscheidung vom 31.7.2009 die elterliche Sorge für die Beteiligte zu 4) allein zusteht - die Feststellung, dass nicht der Beteiligte zu 2), sondern der Beteiligte zu 3) der Vater der Beteiligten zu 4) ist; diesem Antrag schließt sich der Beteiligte zu 2) an. Das Familiengericht hat durch Beschluss vom 11.11.2009 für die Beteiligte zu 4) eine Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis "Vertretung des Kindes in Statusangelegenheiten, Ehelichkeitsanfechtung" eingerichtet und das Jugendamt zum Pfleger bestimmt. Hiergegen hat das Jugendamt mit Schriftsatz vom 16.11.2009, eingegangen am 18.11.2009, Beschwerde eingelegt.
Das Jugendamt ist der Auffassung, einer Ergänzungspflegschaft bedürfe es nach neuem Recht grundsätzlich nicht mehr. Ein etwaiger Interessenkonflikt zwischen dem Kind und seiner Mutter als gesetzlicher Vertreterin sei im Einzelfall zu prüfen und gegebenenfalls durch Bestellung eines Verfahrensbeistands für das Kind zu lösen. Hier sei ein solcher Interessenkonflikt nicht ersichtlich, die allein sorgeberechtigte Beteiligte zu 1) könne die Beteiligte zu 4) allein vertreten. Ferner wird beanstandet, der Wirkungskreis der eingerichteten Pflegschaft sei unzutreffend bezeichnet.
Die Beteiligte zu 1) hält die Einrichtung der Ergänzungspflegschaft für gerechtfertigt.
2. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
2.1. Das Rechtsmittel ist zulässig.
Ebenso wie das Abstammungsverfahren richtet sich auch das Verfahren betreffend die Einrichtung der Ergänzungspflegschaft nach den am 1.9.2009 in Kraft getretenen Bestimmungen des FamFG, weil es nach diesem Stichtag eingeleitet worden ist (Art. 111 Abs. 1 FGG-RG).
Bei der Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft handelt es sich um eine Kindschaftssache i.S.v. § 159 Nr. 5 FamFG, die insoweit eine Endentscheidung darstellt und der Beschwerde gem. §§ 58 ff. FamFG unterliegt. Das Rechtsmittel ist also statthaft und wurde auch frist- und formgerecht eingelegt und begründet (§§ 63, 64 FamFG). Die erforderliche Beschwerdeberechtigung (§ 59 FamFG) ist ebenfalls gegeben. Wie mit Schriftsatz vom 22.2.2010 zweifelsfrei klargestellt wurde, handelt das Jugendamt in seiner Funktion als eingesetzte Vertretung der Beteiligten zu 4). Die vom Jugendamt vertretene Beteiligte zu 4) wird durch den Eingriff in das elterliche Sorgerecht in eigenen Rechten betroffen und ist gem. §§ 7 Abs. 2 Nr. 1, 59 FamFG beschwerdeberechtigt (vgl. zur Beteiligtenstellung des Kindes im Verfahren betreffend die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft ausführlich OLG Oldenburg FamRZ 2010, 660 ff. m.w.N.).
2.2. Im Ergebnis bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht für die Beteiligte zu 4) eine Ergänzungspflegschaft eingerichtet und das Jugendamt zum Pfleger bestellt. Das Familiengericht hat seine Entscheidung auf §§ 1629 Abs. 2, Satz 1, 1795 Abs. 1 Nr. 3, 1909 BGB gestützt; dem folgt der Senat.
Zwar wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beurteilt, in welchen Fällen dem minderjährigen Kind nach Inkrafttreten des FamFG ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist. Nach Auffassung des Senats sind hier jedenfalls die Voraussetzungen für die angeordnete Ergänzungspflegschaft gegeben.
§ 1909 Abs. 1 BGB bestimmt, dass einem minderjährigen Kind ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern gehindert sind. Die Beteiligte zu 4) kann sich im Abstammungsverfahren weder selbst vertreten noch durch einen Verfahrensbeistand oder durch die hier allein sorgeberechtigte Mutter vertreten werden.
a) Nach dem Inkrafttreten des FamFG sind in Abstammungssachen - um eine solche handelt es ...