Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung eines Kostenerstattungsanspruchs aus einer Beschlussverfügung
Leitsatz (amtlich)
1. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch aus einer im Beschlusswege erlassenen einstweiligen Verfügung unterliegt der dreijährigen Verjährung aus § 195 BGB.
2. Die Verjährung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs wird durch die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags an den Prozessgegner entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
Normenkette
BGB §§ 195, 197 Abs. 1 Nr. 3, §§ 203-204, 209
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 19.03.2015; Aktenzeichen 308 O 355/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg vom 19.3.2015 wird auf ihre Kosten nach einem Streitwert von EUR 1.900,30 zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos. Zu Recht hat die Rechtspflegerin die von der Antragsgegnerin erhobene Einrede der Verjährung gegen den Übrigen nicht streitigen Kostenerstattungsanspruch der Antragstellerin nicht durchgreifen lassen.
1. Bei der Einrede der Verjährung handelt es sich zwar um einen materiell-rechtlichen Einwand gegen den prozessualen Kostenerstattungsanspruch, er kann jedoch auch im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigungsfähig sein, wenn keine Tatsachenaufklärung erforderlich ist bzw. die im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mittel zur Prüfung der Berechtigung des Einwands ausreichen (BGH, Beschluss v. 23.3.06 zum Aktz. V ZB 189/05, Rz. 4, zit. nach juris). So liegt es hier.
2. Zutreffend ist die Rechtspflegerin in ihrem Nichtabhilfebeschluss vom 7.8.2015 davon ausgegangen, dass der in der einstweiligen Verfügung des LG Hamburg vom 8.10.2010 titulierte Kostenerstattungsanspruch der Antragstellerin der dreijährigen Verjährung nach § 195 BGB unterliegt. Zwar hat der Bundesgerichtshof in dem oben bereits zitierten Beschluss auch entschieden, dass die Verjährungsfrist des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs aufgrund einer rechtskräftigen Kostengrundentscheidung 30 Jahre beträgt, und zwar in Anwendung der Bestimmung des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Vorliegend ist die Kostengrundentscheidung jedoch in einer im Beschlusswege erlassenen einstweiligen Verfügung enthalten, gegen die gemäß den §§ 936, 924 ZPO unbefristet Widerspruch erhoben werden kann. Eine formelle Rechtskraft entfaltet dieser Beschluss daher nicht (Wieczorek/Schütze-Thümmel, ZPO, 4. Aufl., vor § 916, Rn. 16). Dementsprechend liegt keine rechtskräftige Kostengrundentscheidung im Sinne des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB vor (vgl. auch Jauernig/Mansel, BGB, 15. Aufl., Rn. 6).
3. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch der Antragstellerin ist - aufschiebend bedingt - mit der Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 7.10.2010 entstanden (BGH a.a.O. Rz. 8). Zutreffend hat die Rechtspflegerin angenommen, dass die Parteien sich darauf verständigt hatten, dass das vorliegende Verfahren - ebenso wie die beiden Parallelverfahren des LG Hamburg zu den Aktz. 308 O 363/10 und 308 O 369/10 - bis zum Abschluss eines Musterverfahrens (des Verfahrens zum Aktz. 308 O 326/10, inzwischen in der Berufung beim HansOLG zum Aktz. 5 U 89/11) ruhen sollte. Eine solche Vereinbarung hat die Antragstellerin durch Vorlage der zwischen den Parteien gewechselten Korrespondenz, der unstreitigen tatsächlichen Handhabung der Verfahren und insbesondere auch durch die Vorlage der Telefonnotiz vom 29.9.2010 (Anlage B 10) belegt. Die Vereinbarung beinhaltete nach der nicht zu beanstandenden Auslegung der Rechtspflegerin, dass auch die Verjährungsfristen für Kostenerstattungsansprüche aus den "stillgelegten" drei Verfügungsverfahren gehemmt sein sollten. Da das sog. Musterverfahren bis heute noch nicht abgeschlossen ist, war die Antragstellerin nicht durch den Eintritt der Verjährung gehindert, ihren Kostenerstattungsanspruch aus dem vorliegenden Verfahren im Wege der Kostenfestsetzung jedenfalls titulieren zu lassen.
4. Selbst wenn man der Auffassung der Rechtspflegerin zur Reichweite der "Ruhensvereinbarung" nicht folgen wollte, wäre vorliegend zum Zeitpunkt des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags am 5.3.2015 noch keine Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs eingetreten. Denn der Lauf der Verjährung war gemäß § 203 BGB für einen erheblichen Zeitraum gehemmt:
Die Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs war zunächst gemäß § 204 Abs. 2 BGB bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Erlass der einstweiligen Verfügung am 8.10.2010 gehemmt, d.h. bis zum 8.4.2011 (BGH a.a.O. Rn. 8). Die dreijährige Verjährungsfrist aus § 195 BGB wäre somit am 8.4.2014 abgelaufen. Die Antragstellerin hat jedoch belegt, dass die Parteien zumindest seit dem 26.6.2012 bis zum 12.3.2013 auch über das vorliegende Verfahren als Teil des sog. dritten Streitkomplexes verhandelten (Anlagen B 7, B 9, B 12, B 13). Angesichts des Umfangs der verschiedenen Streitpunkte und der Dauer der Auseinandersetzung wäre nach dem 1...