Leitsatz (amtlich)
1. Ein mittels beA gestellter Antrag zur Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist in einer Familienstreitsache muss von dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten verantwortet und mit seinem Wissen und Wollen eingereicht werden.
2. §§ 130a Abs. 3, 4 Nr. 2, 130d ZPO erfordert, dass ein elektronisches Dokument eigenhändig vom Verfahrensbevollmächtigten versandt wird.
Verfahrensgang
AG Hamburg-St. Georg (Beschluss vom 10.11.2021; Aktenzeichen 981 F 43/21) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - St. Georg vom 10. November 2021 wird als unzulässig verworfen.
II. Der Antrag des Antragsgegners auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist wird zurückgewiesen.
III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Amtsgericht Hamburg - St. Georg hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 10. November 2021 zur Zahlung eines Kindesunterhalts an die Antragstellerin verpflichtet.
Gegen den dem Antragsgegner am 18. November 2021 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner, vertreten durch seine Verfahrensbevollmächtigte, am Montag, den 20. Dezember 2021 Beschwerde eingelegt. Am 18. Januar 2022 beantragte die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners die Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um einen Monat. Dies wurde ihr antragsgemäß bewilligt. Unter dem 18. Februar 2022 beantragte die Verfahrensbevollmächtigte im versicherten Einverständnis des Antragstellervertreters die Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um weitere drei Wochen bis zum 11. März 2022. Auch dies wurde ihr antragsgemäß bewilligt. Mit Verfügung vom 18. März 2022 wies der Senat darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Beschwerde wegen einer Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist zu verwerfen und räumte eine Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen ein. Am selben Tag reichte die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners eine Beschwerdebegründung ein. Mit Schriftsatz vom 1. April 2022 beantragt die Verfahrensbevollmächtigte gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist aufgrund der Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (dazu unter 1.). Der Antrag des Antragsgegners auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der von ihm versäumten Beschwerdebegründungsfrist wird zurückgewiesen (dazu unter 2.).
1. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 117 Abs. 1 S. 3, 4, 522 Abs. 1 S. 2 ZPO zu verwerfen. Sie wurde nicht gemäß § 117 Abs. 1 S. 3, 4 FamFG fristgerecht begründet. Die die Frist auslösende Zustellung des Beschlusses des Amtsgerichts an die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners erfolgte am 18. November 2021. Die Begründungsfrist wurde seitens des Gerichts zweimal bis zum 11. März 2022 verlängert. Die Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist ist jedoch unwirksam. Ihr lag kein wirksamer Antrag auf Fristverlängerung durch die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners zu Grunde (vgl. BeckOK FamFG/Weber, § 117 Rn. 20). Die am 18. März 2022 eingereichte Begründung der Beschwerde erfolgte (schon deswegen) nicht rechtzeitig.
Der Antragsgegner hat keinen wirksamen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist gestellt. Der Antrag ist gemäß §§ 114, 117 Abs. 1 S. 4 FamFG; § 520 Abs. 2 S. 2, 3 ZPO durch einen Rechtsanwalt zu stellen. Hier steht bereits nicht fest, dass die Anträge von der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners verantwortet und mit ihrem Wissen und Wollen eingereicht wurden (vgl. BGH, U. v. 3. März 2004 - IV ZR 258/02, NJW-RR 2004, 755). Zwar ist der erste und zweite Fristverlängerungsantrag einfach von der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners signiert worden und weist ihre textliche Unterschrift auf. Ausweislich der Transfervermerke wurden die Anträge auch über das besondere elektronische Postfach (beA) gemäß § 31a BRAO der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners versendet und der Transfervermerk enthält auch den in § 20 Abs. 3 RAVPO geregelten vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN), wonach die Dokumente durch den Rechtsanwalt und nicht durch vom Rechtsanwalt berechtigte Dritte versandt wurden. Damit steht jedoch nicht zwingend fest, dass die Verfahrensbevollmächtigte - wie in § 23 Abs. 3 S. 5 RAVPO geregelt - die Anträge eigenhändig aus ihrem Postfach versendet hat. Demgegenüber hat der Antragsgegner eine eidesstattliche Versicherung der Büroangestellten der Verfahrensbevollmächtigten eingereicht, nach der diese sowohl den ersten Antrag auf Verlängerung der Frist ("Ich habe sodann, da die Frist am 18.01.2022 zum Einreichen der Begründung nicht gehalten werden konnte, aufgrund von Arbeitsüberlastung der Sachbearbeiterin, Frau Rechtsanwältin H., habe ich beantragt, die Frist erstmals zu verlängern auf den 18.02.2022.") als auch den...