Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 01.09.2006; Aktenzeichen 306 O 220/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2. und zu 3. vom 1.9.2006 gegen den Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 6, Geschäfts-Nr. 306 O 220/03, vom 9.8.2006 i.H.v. 5.434,45 EUR wird auf ihre Kosten nach einem Beschwerdewert von 1.097,46 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2. und zu 3. vom 1.9.2006 ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Die Beklagten zu 2. und zu 3. wenden sich gegen die Festsetzung von Reisekosten und Abwesenheitsgeld der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in anteiliger Höhe von 1.097,46 EUR (54 % von 2.023,27 EUR). Sie bestreiten die Notwendigkeit und Höhe der Reisekosten i.H.v. insgesamt 2.023,27 EUR. Es handele sich nicht um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung, da die Klägerin selbst Rechtsanwältin und als solche als Insolvenzverwalterin bestellt worden sei.

Die Rechtspflegerin hat durch Verfügung vom 28.9.2006 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Hanseatischen OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Das LG Hamburg hat zu Recht die Reisekosten und das Abwesenheitsgeld der Prozessbevollmächtigten der Klägerin angesetzt. In der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass Anwaltskosten grundsätzlich auch dann erstattungsfähig sind, wenn die Partei einen nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. So hat der BGH beispielsweise in seinem Beschluss vom 16.10.2002 (BGH v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152, 154 = NJW 2003, 898, 900 f.) ausgeführt, dass

"die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwaltes durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei ... im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in dem genannten Sinne dar[stelle]... Eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt ist und ihre Belange in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, wird nämlich in aller Regel einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und ihn ggf. mit der Prozessvertretung zu beauftragen. Sie wird dies wegen der räumlichen Nähe und in der Annahme tun, dass zunächst ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich ist. Diese Erwartung ist berechtigt, denn für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung ist der Rechtsanwalt zunächst auf die Tatsacheninformation der Partei angewiesen. Diese kann in aller Regel nur in einem persönlichen mündlichen Gespräch erfolgen. Häufig wird zudem nach einer (Klage)Erwiderung der Gegenseite ein zweites Gespräch notwendig sein, weil der Rechtsanwalt ergänzende Informationen seiner Partei benötigt oder weil später entstandene Missverständnisse auszuräumen sind ...

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Beauftragung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei ansässigen Rechtsanwaltes eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung i.S.v. § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO darstellt, kann dann eingreifen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat. Die Zuziehung eines Rechtsanwaltes am Prozessgericht kann ferner zur Kostenersparnis zumutbar sein, wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben."

Der BGH hat in einer weiteren Entscheidung vom 11.3.2004 (BGH v. 11.3.2004 - VII ZB 27/03, MDR 2004, 838 = BGHReport 2004, 1062 = NJW-RR 2004, 858), die einen Fall betraf, in dem eine in S. ansässige Beklagte einen in B. ansässigen Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung in M. beauftragt hatte, ausgeführt:

"Die unterlegene Partei hat die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dementsprechend sind Reisekosten zur Terminswahrnehmung eines Prozessbevollmächtigten, der weder bei dem Prozessgericht zugelassen noch am Gerichtsort ansässig ist, insoweit zu erstatten, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Ob diese Notwendigkeit gegeben war, bemisst sich danach, was eine vernünftige und kostenorientierte Partei als sachdienlich ansehen durfte (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 91 Rz. 12; Belz, in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 91 Rz. 17).

Eine nicht am Gerichtsort ansässige Partei ist in diesem Rahmen kostenrechtlich nicht darauf angewiesen, einen Rechtsanwalt am Ort des Prozessgerichts mit ihrer Prozessvertretung zu beauftragen. Vi...

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