Leitsatz (amtlich)
1. Die Reisekosten eines am dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten sind jedenfalls bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn dessen Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich gewesen ist (BGH, Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 21/03, BGHReport 2004, 635)
2. Dies ist nicht der Fall, wenn der Wohn- oder Geschäftsort der Partei in örtlicher Nähe zum Ort des Prozessgerichts liegt und die Partei Anlass hat, einen dort ansässigen Anwalt zu beauftragen. Ein solcher Anlass kann bestehen, wenn am Wohn- oder Geschäftsort der Partei kein Anwalt ansässig ist und der Ort nicht mehr als 50 km vom Prozessgericht entfernt liegt.
3. Für die Frage der Erstattungsfähigkeit nach § 91 ZPO ist es unerheblich, ob der auswärtige Anwalt "Hausanwalt" der Partei ist. Dem sachlichen Interesse der Partei, von einem Anwalt ihres Vertrauens vertreten zu werden, wird allein durch die Erweiterung der Postualtionsfähigkeit Rechnung getragen.
Verfahrensgang
LG Schwerin (Beschluss vom 19.12.2003; Aktenzeichen 3 O 300/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 3. Zivilkammer des LG Schwerin vom 19.12.2003 - 3 O 300/01, wird nach einem Beschwerdewert von 168,52 Euro auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Gründe
I. Nach dem Inhalt des Vergleiches vom 15.5.2003 vor dem LG Schwerin haben die Klägerin 45 % und die Beklagte 55 % der Kosten des Verfahrens zu tragen. Mit Antrag vom 17.6.2003 hat die in L. ansässige Klägerin die Gebühren nach der Tabelle "West" berechnet und um Festsetzung der ihr wegen des aus L. zum Prozessgericht in Schwerin (einfache Entfernung ca. 70 km) anreisenden Prozessbevollmächtigten entstanden Kosten gebeten. Diese Auslagen hat die Rechtspflegerin antragsgemäß in den angefochtenen Beschluss vom 19.12.2003 eingestellt. Die in etwa 50 km Entfernung zum Sitz des Prozessgerichtes wohnende Beklagte hat mit Antrag vom 9.10.2003 ebenfalls die Gebühren nach der Tabelle "West" berechnet und für ihren aus H. (einfache Entfernung ca. 115 km) anreisenden Prozessbevollmächtigte Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld für zwei Termine vor dem LG in Schwerin geltend gemacht. In ihrem Beschluss hat die Rechtspflegerin die Festsetzung dieser Kosten der Beklagten abgelehnt und die Gebühren nach der Tabelle "Ost" berechnet. Es handele sich bei dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten um einen Anwalt am dritten Ort, so dass daraus geschlossen werden könne, dass die Beklagte auch sogleich einen Prozessbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichtes hätte beauftragen und diesen schriftlich oder fernmündlich informieren können. Entsprechend der früheren Rechtsprechung des Senats hat die Rechtspflegerin für die ersparten fiktiven Aufwendungen der Partei für Fahrten zu einem Prozessbevollmächtigten nach Schwerin eine Kostenpauschale i.H.v. 20,45 Euro zugebilligt.
Gegen den am 14.12.2003 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30.12.2003, eingegangen bei Gericht am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 29.1.2004 begründet. Da der Klägerin Fahrt- und Abwesenheitskosten zugestanden worden seien, verstoße der Beschluss gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Mit Schriftsatz vom 18. 3.004 hat die Beklagte ihre sofortige Beschwerde ergänzt, indem sie sich nunmehr auch gegen die Festsetzung ihrer Gebühren nur i.H.v. 90 % wendet. Unter Hinweis auf den Beschluss des XI. Zivilsenats vom 4.2.2003 (BGH v. 4.2.2003 - XI ZB 21/02, MDR 2003, 596 = BGHReport 2003, 513) hat sie außerdem erneut die Ablehnung der Fahrtkosten und des Abwesenheitsgeldes gerügt und darauf hingewiesen, dass sie schon seit Jahren laufend von dem Prozessbevollmächtigten anwaltlich beraten und vertreten werde, wodurch sich "ein großes Vertrauensverhältnis gefestigt" habe. Im Übrigen seien mehrfache Besprechungen im Büro der Prozessbevollmächtigten erforderlich gewesen und die Geschäftsführung der Beklagten sei nicht in der Lage gewesen, die Informationen fernmündlich oder schriftlich dem Prozessbevollmächtigten zu übermitteln.
II. Die gem. § 11 Abs. 1 RpflG i.V.m. § 104 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Rechtspflegerin hat zu Recht die Gebühren der Beklagte nach der Tabelle "West" berechnet (1.). Die Fahrtkosten für die Terminswahrnehmung des Prozessbevollmächtigten vor dem LG in Schwerin können zwar grundsätzlich bis zur Höhe der Kosten eines in der Nähe der Partei ansässigen Rechtsanwaltes erstattungsfähig sein (2.). Bei einer Entfernung des Wohn- oder Geschäftssitzes der Beklagten von etwa 50 km vom Prozessgericht ist es der Partei aber zuzumuten, sogleich einen dort ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen (3.).
1. Die Rechtspflegerin hat zu Recht die der Beklagten zu erstattenden Gebühren nach der Tabelle "Ost" i.H.v. jeweils 720,15 Euro in die Berechnung eingestellt. Gemäß Anlage I Kap. III Sachgebiet A Abschn. III N...