Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Erstattungsfähigkeit der Kosten eines spezialisierten Anwalts
Normenkette
ZPO § 91
Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Beschluss vom 13.10.2004; Aktenzeichen 3 O 158/98) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 23.11.2005 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Neubrandenburg vom 13.10.2004 (Az.: 3 O 158/98) aufgehoben.
Gemäß § 572 Abs. 3 ZPO werden die weiteren erforderlichen Anordnungen dem LG übertragen.
Gründe
I. Nach einer vergleichsweisen Beendigung des Rechtsstreits vor dem OLG Rostock ersuchte die Klägerin mit Schriftsätzen vom 4.12.2003 und 14.5.2004 die Festsetzung der Prozesskosten. In ihrem Antrag begehrte die Klägerin neben den Kosten für einen Unterbevollmächtigten auch die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld für ihren Prozessbevollmächtigten. Zur Begründung trug sie vor, die Beauftragung einer in Rostock ansässigen Kanzlei sei erforderlich gewesen, weil diese auf Arzthaftungsrecht spezialisiert sei. Der Einsatz des Unterbevollmächtigten Rechtsanwalt R. am 14.10.1998 sei erforderlich gewesen, weil der Hauptbevollmächtigte, Rechtsanwalt Q., kurzfristig erkrankt sei. Die Rechtspflegerin beim LG Neubrandenburg wies die geforderten Reisekosten sowie die Kosten des Unterbevollmächtigten zunächst mit Beschluss vom 10.12.2004 zurück. Auf die dagegen erhobene Beschwerde der Klägerin änderte das LG die Kostenentscheidung mit Beschluss vom 13.10.2004 antragsgemäß ab.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde vom 23.11.2005.
II. Die gem. § 11 Abs. 1 RpflG i.V.m. § 104 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Zu Unrecht hat die Rechtspflegerin beim LG Neubrandenburg die Kosten eines Unterbevollmächtigten sowie Reisekosten des Hauptbevollmächtigten in der ersten Instanz und nach Zurückweisung an das LG Neubrandenburg in voller Höhe für erstattungsfähig erkannt. Diese Kosten waren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO.
1. Die Klägerin kann die in Ansatz gebrachten Kosten eines Unterbevollmächtigten nebst Reisekosten für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 14.10.1998 nicht erstattet verlangen.
Die Kosten eines unterbevollmächtigten Rechtsanwaltes, der anstelle des Hauptbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, sind nur dann erstattungsfähig, wenn sie notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO sind. Davon ist auszugehen, soweit durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei, nämlich Tage- und Abwesenheitsgeld sowie Fahrtkosten nach § 28 BRAGO, erspart werden. Dabei räumt die obergerichtliche Rechtsprechung regelmäßig eine geringfügige Überschreitung i.H.v. 1/10 der erstattungsfähigen Kosten des Hauptbevollmächtigten ein (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 [236]). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Ausweislich des klägerischen Kostenfestsetzungsantrages werden neben den gesonderten Gebühren des Unterbevollmächtigten dessen Reisekosten aus R.-W. geltend gemacht, die ihrem Umfang nach die begehrten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten überschreiten. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Einschaltung des Unterbevollmächtigten sei deshalb erforderlich gewesen, weil der sachbearbeitende Rechtsanwalt Q. den Termin krankheitsbedingt kurzfristig nicht habe wahrnehmen können. Dieses Argument verfängt schon deshalb nicht, weil ausweislich der Sitzungsprotokolle Rechtsanwalt Q. an keinen der vor dem LG Neubrandenburg stattgefundenen vier Verhandlungstermine teilgenommen hat. Vielmehr wurde er stets durch andere Prozessbevollmächtgte - am 13.1.1999 durch Rechtsanwalt A., am 5.9.2001 durch die Rechtsanwälte B. und W. und am 19.6.2002 durch Frau Rechtsanwältin M. - vertreten. Schon deshalb vermag nicht einzuleuchten, warum eine Vertretung nicht auch am 14.10.1998 möglich gewesen wäre. Dabei wird die Klägerin zu berücksichtigen haben, dass es Aufgabe der Anwaltskanzlei ist, kurzfristige Ausfälle durch eine interne Vertretung zu kompensieren. Im Verhinderungsfall hätte dann noch immer die Möglichkeit bestanden, die krankheitsbedingte Verlegung des Termins zu beantragen. Dies wäre im Hinblick auf die mündliche Verhandlung vom 10.10.1998 auch deshalb unproblematisch gewesen, weil es sich um den ersten Termin in der Sache überhaupt gehandelt und besondere prozessleitende Verfügungen nicht getroffen waren.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz von Reisekosten ihres in Rostock ansässigen Prozessbevollmächtigten. Bei diesen Kosten handelt sich nicht um erstattungsfähige Kosten i.S.d. § 91 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich waren. Vielmehr beschränken sich die erstattungsfähigen Kosten auf die fiktiven Reisekosten eines in Neustrelitz ansässigen Rechtsanwaltes.
Zur Rechtsverfolgung notwendig i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 1, Halbs. 2 ZPO ist die Zuziehung eines ...