Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenermäßigung bei Anerkenntnisurteil im Urkundenprozess auch bei Vorbehalt der Rechte
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 23.04.2004; Aktenzeichen 413 O 196/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, vom 23.4.2004 abgeändert.
Die von der Beklagten an die Klägerin nach dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des LG vom 9.2.2004 zu erstattenden Kosten werden auf 1.360 Euro nebst einer Verzinsung von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.3.2004 festgesetzt.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Klägerin.
Gründe
Das als sofortige Beschwerde nach § 104 Abs. 3 ZPO zu behandelnde Rechtsmittel der Beklagten ist begründet. Die Klägerin kann lediglich die Erstattung einer Gerichtsgebühr i.H.v. 311 Euro von der Beklagten verlangen. Im Übrigen steht der Klägerin ein Rückzahlungsanspruch gegen die Staatskasse i.H.v. 622 Euro zu.
Im vorliegenden Urkundenprozess hat die Beklagte die Klagforderung anerkannt unter Vorbehalt der Geltendmachung ihrer Rechte im Nachverfahren. Unter dem 9.2.2004 ist demgemäß ein Anerkenntnisurteil im schriftlichen Vorverfahren-Urkundenprozess durch das LG erlassen worden. In den Tenor des Urteils ist aufgenommen worden, dass der Beklagten die Rechte im Nachverfahren vorbehalten bleiben. Auf Antrag der Klägerin sind seitens der Rechtspflegerin des LG die zur Erstattung angemeldeten Kosten festgesetzt worden, darunter der Betrag von drei Gerichtsgebühren i.H.v. 933 Euro. Dagegen wendet sich die Beklagte. Sie ist der Meinung, aufgrund des Anerkenntnisurteils würden sich die Gerichtskosten auf eine Gebühr = 311 Euro ermäßigen.
Der Rechtsmeinung der Beklagten ist zu folgen. Es liegt der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 1211 des Kostenverzeichnisses (KV) zum Gerichtskostengesetz vor, da das Verfahren durch das erwähnte Anerkenntnisurteil beendet worden ist.
Hiergegen kann nicht eingewendet werden, es liege lediglich ein Vorbehaltsurteil vor, wodurch das gesamte Verfahren nicht beendet werde, wie es der Ermäßigungstatbestand vorschreibt. Unter Verfahren im Sinne dieser Vorschrift muss in diesem Fall der Urkundenprozess gesehen werden, welcher insgesamt durch das Anerkenntnisurteil seinen Abschluss gefunden hat. Es ist in der Literatur anerkannt, dass auch solche, dem endgültigen Abschluss des Rechtsstreits vorangegangenen Urteile selbst den Ermäßigungstatbestand erfüllen können (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 253 Rz. 27). Die Fassung des Gesetzes verbietet lediglich die Ausdehnung der Privilegierung auf Fälle, welche nur einen Teil des Streitgegenstandes erfassen und deshalb nur zu einer teilweisen Beendigung des Verfahrens führen (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2001, 717).
Die am Wortlaut ausgerichtete Auslegung des Gesetzes entspricht auch dem erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung. Denn danach sollen die Tatbestände privilegiert werden, in denen dem Gericht eine Entscheidung in der Sache erspart bleibt (vgl. Motive zu Nr. 1202 KV in BT-Drucks. 12/6962). Außerdem wollte der Gesetzgeber die Verfahrensbeendigung durch Rücknahme, Vergleich, Anerkenntnis und Verzicht durch Kostenanreize fördern (vgl. BVerfG v. 25.8.1999 - 1 BvL 9/98, NJW 1999, 3549).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte eine Erledigungsgestaltung gewählt, die dem Ermäßigungsgrund, nämlich der Vermeidung gerichtlichen Arbeitsaufwandes vollen Umfangs Rechnung trägt, in dem der Urkundenprozess erledigt wurde, und die von ihrem Ziel her den in KV 1211 aufgeführten Ermäßigungstatbeständen entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Klägerin hat sich zwar im Beschwerdeverfahren dem Antrag der Beklagten angeschlossen, sie hat jedoch durch ihren Kostenfestsetzungsantrag Anlass zur Festsetzung der ihr nicht zustehenden Erstattung gegeben.
Fundstellen
Haufe-Index 1207974 |
OLGR-BHS 2004, 456 |