Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenbeschwerde des Nebenklägerinvertreters

 

Tenor

Die Beschwerde des Rechtsanwalts … gegen den Beschluß der Vorsitzenden der Großen Strafkammer 23 des Landgerichts Hamburg vom 1. März 1998 wird verworfen.

 

Gründe

Die nach §§ 98 Abs. 3 BRAGO, 304 ff. StPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Der der Nebenklägerin beigeordnete Rechtsanwalt hat, nachdem die Kosten seiner Tätigkeit gemäß §§ 102, 97 Abs. 1 BRAGO antragsgemäß in der vierfachen Höhe der Mindestgebühr festgesetzt worden waren, mit seinem Antrag vom 12. Januar 1998 die Festsetzung der Differenz zur fünffachen Erhöhung der Mindestgebühren gemäß §§ 102, 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO für seine Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren und am ersten Hauptverhandlungstag in Höhe von 293,25 DM incl. 15% MwSt begehrt, da sich der Beschuldigte in Haft befand. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle lehnte den Antrag mit Beschluß vom 28. Januar 1998 ab. Die dagegen gerichtete Erinnerung wies die Vorsitzende der Großen Strafkammer 23 des Landgerichts Hamburg mit Beschluß vom 1. März 1998 zurück. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Nebenklägerinvertreters.

2. Die Zurückweisung der Erinnerung ist zu Recht erfolgt. Dem Nebenklägerinvertreter steht der gemäß § 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO auf das Fünffache der Mindestgebühr erhöhte Satz nicht zu.

Zwar verweist § 102 BRAGO, der den Gebührenanspruch des beigeordneten Nebenklägervertreters regelt, auf § 97 BRAGO und somit auch auf die Regelung des § 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO. Gemäß dieser Vorschrift hat ein Pflichtverteidiger Anspruch auf das Fünffache der Mindestgebühr, wenn sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befindet. Das hat aber nicht zu Folge, daß in einem solchen Fall auch der Nebenklägervertreter das Fünffache der Mindestgebühr verlangen kann, da § 97 BRAGO nach dem Wortlaut des § 102 BRAGO nur sinngemäß anwendbar ist. Die mit Wirkung vom 1. Juli 1994 in § 97 BRAGO eingefügte Regelung des § 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO soll dem Pflichtverteidiger den Mehraufwand vergüten, der mit der Vertretung eines nicht auf freiem Fuß befindlichen Mandanten verbunden ist. Zu diesem erhöhten Aufwand gehören, worauf schon die Begründung der Gesetzesvorlage in der Bundestagsdrucksache 12/6962 ausdrücklich abstellt, neben „den allgemeinen Kommunikationsschwierigkeiten” auch „spezifische Verrichtungen wie etwa Haftprüfungsanträge oder Haftbeschwerden sowie eine verstärkte psychologische Betreuung”. Diese für die Erhöhung des Gebührenrahmens des Wahlverteidigers (§ 83 Abs. 3 BRAGO) angeführten Gründe (BT-Drucksache 12/6962, zu Nr. 25 (§ 83 BRAGO), S. 105) gelten auch für die Anhebung der Gebühren des Pflichtverteidigers (BT-Drucksache 12/6962, zu Nr. 35 (§ 97 BRAGO), S. 107). Für den Verteidiger wird es darüberhinaus oft erforderlich sein, sich auch in weiteren Fällen für seinen in Untersuchungshaft befindlichen Mandanten einzusetzen. Denkbar ist insoweit der telefonische und schriftliche Kontakt zur Anstaltsleitung und dem Gericht beispielsweise in Fragen des Umfangs und der Ausgestaltung einer Besuchsregelung oder der medizinischen Betreuung in der Haft.

Die Regelung des § 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO kann in sinngemäßer Übertragung auf den Nebenklägervertreter nur bedeuten, daß diesem die erhöhte Gebühr allein dann zusteht, wenn eine Situation gegeben ist, in der er den erhöhten Aufwand für seinen eigenen Mandanten erbringen müßte. Dem Nebenklägervertreter steht daher grundsätzlich die auf das Fünffache erhöhte Mindestgebühr nur dann zu, wenn sich der Nebenkläger selbst in Haft befindet (so auch Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § 102 Rdnr. 2). Das war hier aber nicht der Fall. Schon die Art der Belastungen für den Pflichtverteidiger eines in Untersuchungshaft befindlichen Beschuldigten ergeben, daß sie nicht auch den Nebenklägervertreter treffen Weder muß dieser den Beschuldigten in der Haft aufsuchen und psychologisch betreuen, noch hat er für ihn Haftbeschwerden zu stellen oder Haftprüfungen zu beantragen, oder ihn sonst in Fragen der Haftbedingungen zu unterstützen. Im Rahmen von Haftbeschwerden des Beschuldigten oder Haftprüfungen ist der Nebenklägervertreter zur Mitwirkung nicht verpflichtet. Soweit er dennoch eigene Stellungnahmen abgibt, rechtfertigt diese Tätigkeit nicht die Anwendung der Gebührenerhöhung. Die vom OLG Düsseldorf vertretene Gegenmeinung (NStZ 97, 605), auf die sich der Beschwerdeführer beruft, überzeugt dagegen nicht. Es begründet die Auffassung, auch der Nebenklägervertreter habe dann, wenn sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befinde, typischerweise einen erhöhten Aufwand, vorrangig damit, daß bei den kurzfristig anzuberaumenden Hauptverhandlungsterminen auf die Terminlage des Nebenklägervertreters keine Rücksicht genommen werde, so daß dieser anderweitige Termine absagen müsse und dadurch gegebenenfalls auch Einnahmeverluste habe Außerdem würden die Sitzungen in Haftsachen häufig länger dauern als in anderen Strafsachen. Die durch die Terminsanberaumung und Durchführung der Hautverhandlung m...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?