Leitsatz (amtlich)
1. Die Übersendung von familiengerichtlichen Akten auf Anforderung eines Familiengerichts an ein anders Familiengericht ist im Wege der Amtshilfe möglich.
2. Die Zulässigkeit der Übersendung richtet sich nach jeweils einschlägigen Landesverwaltungsverfahrens- und Datenschutzgesetzen.
3. Es hat eine Abwägung zwischen der durch die Übersendung eintretenden Beeinträchtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gegen den mit der Übersendung verfolgten Rechtsgüterschutz stattzufinden.
4. Geht es um die Abklärung einer Kindeswohlgefährdung ist eine Übersendung der Akten regelmäßig zulässig.
Tenor
1. Der Antrag auf Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Hamburg vom 3.6.2018 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
3. Der Geschäftswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt die mit Beschluss vom 3. Juni 2018 gewährte Aufhebung einer vom Amtsgericht Hamburg - Familiengericht - bewilligten Akteneinsicht für das Amtsgericht Hamburg-Harburg - Familiengericht - in die Akte eines laufenden Verfahrens. Das Amtsgericht Hamburg - Familiengericht - führt unter dem Az. ............... ein Verfahren zur Abwehr einer möglichen Kindeswohlgefährdung betreffend mehrerer Kinder des Antragstellers. Vor dem Amtsgericht Hamburg-Harburg - Familiengericht - ist ein weiteres Verfahren betreffend anderer Kinder des Antragstellers anhängig. Gegenstand dieses Verfahren ist die Regelung des Umgangsrechts des Antragstellers mit seinen Kindern. Die Mütter der Kinder sind in beiden Verfahren nicht identisch. In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Hamburg wird dem Antragsteller vor allem vorgehalten, seine Kinder mehrfach körperlich und seelisch misshandelt zu haben. Das Gericht hat in jenem Verfahren ein psychologisches Sachverständigengutachten eingeholt, welches sich u.a. mit der Frage der Erziehungsfähigkeit des Antragstellers befasst. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller nicht erziehungsfähig sei und die Kinder aufgrund direkter und indirekter Misshandlungen durch den Antragsteller vorgeschädigt seien mit den damit einhergehenden Gefühlen von Verunsicherung, Bedrohung und Angst. Der Antragsteller hält dieses Gutachten aus verschiedenen Gründen für falsch.
Mit Schreiben vom 25.4.2018 begehrte das Amtsgericht Hamburg-Harburg - Familiengericht - die Übersendung der Verfahrensakte des Amtsgerichts Hamburg - Familiengericht - zum Az. ................ Es müsse geklärt werden, ob nur ein begleiteter Umgang des Antragstellers mit seinen Kindern in Betracht komme. Dazu müsse Einblick in die Akte des Amtsgerichts Hamburg genommen werden um abklären zu können, inwieweit vom Vater eine Kindeswohlgefährdung ausgehe. Der Antragsteller ist dem Akteneinsichtsgesuch entgegen getreten, weil insbesondere das Sachverständigengutachten falsche Angaben/Wertungen über ihn enthalte und das Amtsgericht Hamburg-Harburg ohnehin aufgrund eigener Ermittlungen eine mögliche Kindeswohlgefährdung abzuklären habe.
Gegen die daraufhin mit Beschluss vom 3.6.2018 durch das Amtsgericht Hamburg gewährte Akteneinsicht, dem Antragsteller am 11.6.2018 zugestellt, hat dieser mit seinem beim Amtsgericht Hamburg am 28.6.2018 eingegangenen Schriftsatz "Beschwerde bzw. einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der Entscheidung" gestellt.
II. Der Schriftsatz des Antragstellers ist nicht als Beschwerde gem. §§ 58 ff FamFG, sondern als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. §§ 23 ff. EGGVG zu behandeln. Mit seiner Formulierung "Beschwerde bzw. einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der Entscheidung" hat der Antragsteller deutlich gemacht, dass er den zutreffenden Rechtsbehelf einlegen will. Die Gewährung von Akteneinsicht an nicht verfahrensbeteiligte Behörden/Gerichte stellt einen Justizverwaltungsakt dar, der allein gem. §§ 23 ff. EGGVG gerichtlich überprüft werden kann. Der Präsident des Amtsgerichts hat die Entscheidungsbefugnis über ein Akteneinsichtsgesuch Dritter mit Verfügung vom 26.08.2016 an den Vorsitzenden der zuständigen Abteilung delegiert, der insoweit die Stellung als Organ der Justizverwaltung wahrnimmt (Lückemann in Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 23 EGGVG Rn. 12).Daher ist der Schriftsatz entsprechend auszulegen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der Monatsfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG eingereicht worden.
Der Antrag ist in der Sache unbegründet. Gem. § 28 Abs. 1 S. 1 EGGVG hebt der Senat die Maßnahme auf, wenn sie rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt. Dies ist nicht der Fall, denn die Gewährung der Akteneinsicht an das Amtsgericht Hamburg-Harburg - Familiengericht - erfolgte rechtmäßig.
Die Gewährung von Akteneinsicht greift allerdings in das Grundrecht des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung ein. Die Akten enthalten höchstpersönliche biografische und das familiäre Zusammenleben betreffende Daten des Antragstellers. Der mit der Akteneinsicht erfolgende Grun...